»Altes und Neues Testament«
Das Titelbild zu den Büchern der Propheten

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Die Holzschnitte der Bibel

 

Biblia
 

Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545

Die Bücher der Propheten

 

Titelbild zu den Büchern der Propheten

 

»Altes und Neues Testament«

Das Titelbild zu den
Büchern der Propheten

 

Eine Bildbesprechung

 

Altes und Neues Testament

Das Titelbild zu den
Büchern der Propheten

Eine Betrachtung

 
 

Der Holzschnitt

Dem Buch des Propheten Hesekiel ist im ersten Kapitel ein Bild vorangestellt, das die Berufungsvision aus dem ersten Kapitel zeigt. Der Druckstock ist als Holzschnitt erstellt worden, der die Maße ca. 28 x 17 cm besitzt.

Der Holzschnitt ist für die Ausgabe von 1545 neu erstellt worden. In der Ausgabe von 1534 ist dem Buch Hesekiel ein anderes Bild vorangestellt.

 

Unsere Abbildung

Wir zeigen hier eine aufbereitete Reproduktion des Bildes, das in der Lutherbibel von 1545 unkoloriert abgedruckt wurde.

Klicken Sie auf das Bild, um eine vergrößerte Ansicht zu erhalten

 

Der Holzschnitt in der Ausgabe von 1545

 

 

Erläuterungen zu den abgebildeten Szenen im Titelblatt

 

Hinweis: Schauen sie sich das Bild in der Vergrößerung an, um die vielen Details sichtbar zu machen, die darin stecken.

Zu sehen sind sechs Schlüsselszenen der Bibel, je drei aus dem Alten Testamen (AT) und drei aus dem Neuen Testament (NT). Die Szenen sind in drei Reihen paarweise gegenübergestellt (von oben nach unten):

 

1. Die Beziehung Gottes zu den Menschen

AT: Der strafende Gott im alten Bund

Stellvertretend für zahlreiche Geschichten des Alten Testaments ist hier die Geschichte der ehernen Schlange visualisiert (→4Mos 21,4-9): In der Wüste beginnen die Israeliten an Gott zu zweifeln. Er stellt ihre Loyalität auf die Probe und schickt giftige Schlangen ins Lager. Wer gebissen wird, kann sich durch den Anblick der von Mose auf einem Pfahl errichteten bronzenen Schlange als Zeichen seines Gottvertrauens retten. Doch viele Israeliten sterben an den Bissen, weil sie Gottes Gebot mißachten. Der fordernde und strafende Gott schaut von oben den Vorgängen im Lager zu.

NT: Der gnädige Gott im neuen Bund

Das rechte Bild zeigt Maria, anmutig betend auf einem Hügel. Ihr wird von Gott die Geburt eines Sohnes angekündigt. Das kleine Jesuskind in den Wolken trägt bereits sein Kreuz auf den Schultern und macht sich auf den Weg zu Maria. Dies ist der Gnadenerweis Gottes für die Menschheit.

Das Kreuz steht hier symbolisch für den Opfertod Jesu, wodurch Jesus die Sünden aller Menschen auf seine Schultern nimmt.

Auf dem Feld hüten die Hirten ihre Schafe. In den Wolken schweben Engel. Ein Engel trägt ein Banner in Richtung Hirten. In der Abbildung ist darauf nichts zu erkennen, aber jeder Betrachter weiß, was darauf steht: Ehre sei Gott in der Höhe und den Menschen ein Wohlgefallen. Gott übringt den Menschen die frohe Botschaft höchst persönlich. Es genügt, dass die Hirten glauben.

Gott fordert nicht länger Ehreerbietung ein. Da, wo sie fehlt,

1b) Verkündigung der Geburt Jesu an Maria und an die Hirten auf dem Feld

2. Tod und Sterblichkeit

AT: Der Tod tritt in durch die Erbsünde in die Welt NT: DerTod wird durch die Auferstehung überwunden Rom 5 - Adam und Christus - 1Mos 3,19

2a) Sündenfall

2b) Höllenfahrt Christi (mit Siegesfahne), der Tod (Drachen) zertritt

3. Die Gerechtigkeit vor Gott

AT: Das Gesetz macht Sünder NT: Der Glaube reinigt von Sünde

3a) Höllenrachen (darin Mönch mit Tonsur, Papst mit Tiara) in den der Tod und der bocksbeinige Teufel einen Menschen stoßen; Moses mit Gesetztestafel

3b) gekreuzigter Christus, dessen Blutstrahl den bittenden sündigen menschen trifft. Neben ihm Johannes der Täufer in härenem Gewand, der auf Christus hinweist (Mk 1,6-8). Am Kreuzesstamm unten das Lamm (Jes 53,7; Offb 8,32) mit der Kreuzesfahne

 

 

Die Bildinhalte

Die Szene: Was das Bild zeigt

Das Bild zeigt die Berufungsvision des Hesekiel aus Kapitel 1. Im Grunde findet sich dort die vollständige Beschreibung des Bildes. Doch es zeigt einige Besonderheiten, die in der Symbolik, wie sie die frühe Kirche nutzte, häufig zu finden sind.

 

Zu sehen sind die vier Tiere, die sich fast nur in den Köpfen unterscheiden: eines mit menschlichem Kopf, eins mit Kopf eines Adlers, eins mit dem eines Löwen und zuletzt eins mit Kopf eines Stieres.

Diese Tiere begegnen uns wieder in den Holzschnitten, die als Titelbilder die Evangelien einleiten. Sie wurden (basierend auf Hes 1,10) bereits früh in der Kirchengeschichte die Symbole der Evangelisten (siehe Bildbesprechungen zu →Markus, →Lukas und →Johannes). Allerdings repräsentieren sie hier nicht unmittelbar die Evangelisten. Es fehlen dafür weitere Attribute wie das Buch (das Evangelium) bzw. der Nimbus (der Heiligenschein). Vielmehr sind sie als Vision zu interpretieren, in der das kommende Reich Christi und seine Verkündigung prophezeit wird. Denn noch gibt es diese Bücher nicht, noch gibt es die Evangelien nicht.

 

Anmerkung: Der Nimbus

Der Nimbus, der »Heiligenschein«, ist seit der Antike ein Symbol in der Kunst und seit der frühen Ikonographie auch in christlich motivierten Abbildungen zu finden. Als Ring oder Strahlenkranz umgibt er den Kopf einer Person oder schwebt in geringem Abstand darüber.

Der Nimbus ist in der christlichen Religion den Abbildungen von Jesus Christus, von Päpsten, von Engeln und von Heiligen vorbehalten.

Der Nimbus über der Person auf dem Thron kennzeichnet sie als heilige Person. Seine Größe deutet zudem unzweifelhaft die Göttlichkeit an: Es kann nur Gott oder Christus sein.

 

Abschlussbemerkung

Sinn der Bilder ist es, wesentliche Inhalte eines Buches oder verschiedener Abschnitte daraus zu visualisieren und so den Betrachter zum Lesen zu ermuntern und ihn dabei zu begleiten.

Die Bilder zeigen meist mehrere Szenen aus einem Buch oder Abschnitt gleichzeitig und führen den Leser visuell in Stoff des Buches ein.

Die Künstler, die diese Bilder entworfen hatten, waren Meister der Mediengestaltung. Sie nutzten kleinste Flächen, um ganze Geschichten zu erzählen. Sie schnitten mit einem Stecheisen aus einem kleinen Holzblock derart genau, dass die vielen Details auf dem Zielmedium im Druck trotz dicker Druckerschwärze und faseriger Papiere erkennbar blieben!

Verstand man es, diese Bilder »zu lesen«, konnten daraus wieder die Geschichten entwickelt und nacherzählt werden. Dies war vor allem für jene Betrachter wichtig, die des Lesens unkundig waren oder Hilfen benötigten, um die durchaus schwierigen Texte der Bibel zu verstehen. Die Bilder waren ein wichtiger Anreiz dafür, die Texte zu lesen oder Lesen zu lernen, und trugen so erheblich zur Bildung ganzer Bevölkerungsgruppen bei.

Sabrina

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SK Version 12.10.2019