Lutherbibel 1545
Satz und Typografie

Symbol Biblia 1545

® Die Lutherbibel von 1545

 

Die Texte der Lutherbibel von 1545 in Frakturschrift

Biblia
 

Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545

Satz und Typografie der Texte

 

Erläuterungen

 

D. Márt.Luth.

Die gantze Heilige Schrifft Deudſch / Auffs new zugericht.

Einführung in die Schrift der Lutherbibel

- Satz und Typografie -

 

Vorbemerkungen

Satz und Typografie der Texte, die wir aus der Lutherbibel von 1545 wiedergeben, ori­en­tie­ren sich am Druckbild des Originals. Dabei besteht die Herausforderung darin, den Text für Internet-Browser abbildbar zu machen ohne das Aussehen der originalen Seiten zu sehr aus dem Auge zu verlieren.

Der Nutzen zeigt sich u. a. darin, dass nun Texte der Lutherbibel von 1545 im Internet ver­füg­bar sind, die in Satz und Typografie dem Original sehr nahe kommen, aber gleichzeitig mit den üblichen, modernen Lesehilfen wie Versnummern und Ab­schnitts­über­schrif­ten an­ge­rei­chert sind, die im Original nicht vorkommen. Zu dem erleichtern brow­ser­spe­zi­fi­sche Links das Verfolgen von Quer­ver­wei­sen, die Luther selbst seinen Tex­ten bei­ge­fügt hat.

Zusätzlich sind bei uns auch die Vorreden Luthers abgebildet, wie sie in seiner Bi­bel­aus­gabe vorkommen, in modernen Ausgaben aber fehlen.

 

Seitenaufbau gemäß der Lutherbibel von 1545

Der Text ist in der Lutherbibel i. d. R. dreispaltig wiedergegeben (Ausnahmen bilden der Psalter und die Sprüche Salomo mit jeweils zwei Textspalten und zwei Mar­gi­nal­spal­ten). Das haben wir in unseren Texten nachgebildet: In der mittleren Spalte befindet sich der Haupttext. Links daneben enthält die schmale Marginalspalte im Wesentlichen Luthers Re­fe­ren­zen auf andere Bibelbücher und ggf. Texte, die heutigen Abschnittsüberschriften ent­spre­chen. Sofern dort genannte Textstellen bei uns bereits vor­lie­gen, ha­ben wir Luthers Re­fe­renz auf un­se­re Sei­ten ver­linkt.

In der rechten Spal­te ist Luthers Scho­li­on mit seinen An­mer­kun­gen zu aus­ge­wähl­ten Text­stel­len wie­der­ge­ge­ben. Die­se Spal­te ist in mo­der­nen Über­set­zun­gen in die­ser Form nicht mehr vor­han­den, doch sie ist sehr in­ter­es­sant! Einer­seits spie­gelt sich hier Luthers The­o­lo­gie, an­de­rer­seits zeigt es auf, wel­che Be­griff­lich­kei­ten Martin Luther mit Blick auf sei­ne Ziel­grup­pe er­klä­rungs­be­dürf­tig er­schie­nen. Die­ses Scho­li­on ist über den ei­gent­li­chen Bi­bel­text hin­aus ein wich­ti­ger Zeu­ge für Luthers Denk­wei­sen und ein wich­ti­ger Spie­gel sei­ner Zeit am Be­ginn der Re­for­ma­tion.

 

Verse

Die Einteilung der Kapitel in Verse gab es in der Lutherbibel von 1545 noch nicht. Wir haben sie gemäß modernen Übersetzungen zusätzlich eingeführt, weil sich viele Ver­wei­se immer wieder auf die Verszählung stützen. Zudem strukturieren Versnummern den Text und erleichtern das Lesen. Doch gleichzeitig stören sie den eigentlichen Textfluss, min­des­tens aber das Satzbild, den sie benötigen Platz, der im Original nicht vorgesehen ist.

Die Versnummern sind rot eingefärbt, um anzuzeigen, dass es sich um Er­gän­zun­gen han­delt, die im Original nicht vorkommen.

Mit der neuen Ausgabe der Lutherbibel von 2017 wurden etliche Vers­num­mern ge­gen­über frü­he­ren Aus­ga­ben ge­än­dert. Dies vor allem in­ner­halb der Apo­kry­phen, was sich da­rin be­grün­det, dass sie aus den text­kri­tisch maß­geb­li­chen grie­chi­schen Quel­len völ­lig neu über­setzt wur­den.

In diesen Texten verwenden wir beide Verszählungen.

 

Abschnittsüberschriften

Auch Abschnittsüberschriften, wie wir sie heute von fast allen Bi­bel­aus­ga­ben als Tren­ner im Text­fluss ge­wohnt sind, gab es in der Luther­bi­bel von 1545 so nicht. Ver­ein­zelt nutzt die Aus­ga­be von 1545 die Mar­gi­nal­spal­ten, um mit Schlag­wör­tern oder kur­zen Tex­ten Ab­schnitts­in­hal­te zu um­reißen.

Die Schriftsetzer verwendeten Schmuckversalien am Ka­pi­tel­an­fang oder im Text Ver­sa­lien, um eine ge­wis­se Ein­tei­lung nach Sinn­ab­schnit­ten zu bieten.

In unseren Texten haben wir diese Dar­stel­lung bei­be­hal­ten, je­doch zu­sätz­lich Ab­schnitts­über­schrif­ten ein­ge­führt und wie­der rot ein­ge­färbt, was an­zeigt, dass die­se Tex­te im Ori­gi­nal nicht vor­kommen.

 

Der Text der Lutherbibel von 1545

Wir bieten den Text, wie er in der Luther­bi­bel, die 1545 in Wit­ten­berg auf­ge­legt wur­de, ab­ge­druckt ist. Wir haben uns ent­schie­den, die Wie­der­ga­be mög­lichst dicht am Ori­gi­nal aus­zu­rich­ten. Grund­la­ge da­für ist der Ein­satz ge­bro­che­ner Schrif­ten, der Frak­tur­schrif­ten, wie sie vom Dru­cker Hans Lufft ver­wen­det wur­den.

Diese Schriften wurden von uns für die Ver­wen­dung durch Ih­ren Brow­ser neu ent­wi­ckelt.

 

Test für die korrekte Anzeige der Schriften

Nutzen Sie die neueren Browser-Versionen Ihres An­bie­ters. Nur dann ist si­cher­ge­stellt, dass Sie den Text wie von uns ge­setzt in Frak­tur­schrift se­hen kön­nen. Äl­te­re Brow­ser-Ver­si­o­nen un­ter­stüt­zen das ggf. nicht.

 

  Browser-Test  
  Text als Bild     Text als Schrift  
         
    |  

D. Márt.Luth.

 

 

Verwenden Sie einen anderen Browser, wenn die Text­zei­le» D.Mart.Luth.« als Schrift (rechts) nicht dem Bild (links) ent­spricht!

 

Die Typographie

 

Vier Frakturzeichensätze

Die Drucker verwendeten un­ter­schied­li­che Schrift­ty­pen für den Satz. Es las­sen sich grund­sätz­lich vier Zei­chen­sät­ze un­ter­schei­den, doch tat­säch­lich kom­men in der Luther­bi­bel von 1545 min­des­tens fünf bis sie­ben (ein­schließ­lich Un­ter­fa­mi­li­en) ver­schie­de­ne Ty­pen zum Ein­satz, von de­nen ei­ni­ge noch aus den Setz­käs­ten für den Druck der Luther­bi­bel von 1534 stammen.

1. Für Überschriften wurde eine ge­bro­che­ne Schrift ver­wen­det, die auf die ur­sprüng­lich hand­ge­schrie­be­ne Ge­bet­buch-Frak­tur zu­rück­geht. Sie zeich­net sich durch or­na­ment­ar­ti­ge, schwung­voll ge­zo­ge­ne Bö­gen bei den Ver­sa­li­en aus, die den­noch nicht die Les­bar­keit ein­schrän­ken. Ihre Klein­buch­sta­ben sind re­la­tiv schmal ge­hal­ten.

2a. Dem Fließtext liegt eine uneinheitliche Frakturschrift zugrunde. Überwiegend wird eine Type verwendet, die zur Familie der »Schwabacher« gehört (aus der sich später die sog. Alte Schwabacher entwickelt hat). Etliche ihrer Versalien (wie D, E, L) wer­den als Schmuck mit einem Doppelstrich ausgeführt (D, E, L), die Kleinbuchstaben sind für bessere Lesbarkeit bei kleinen Schrifthöhen et­was breiter angelegt.

2b. Manche Texte, speziell in den Vorreden, zeigen ein Type, die auf die Type »Theuer­dank« zurückgeht (diese Type haben wir derzeit noch nicht digitalisiert und verwenden stattdessen die Type 2a).

Nicht selten sind die Texte mit unterschiedlichen Typen gemischt gesetzt.

3a. Normale Auszeichnungen wie die heutige Kursive waren nicht üblich. Die Frak­tur­schrift kennt keine Kursive. Die Lutherbibel von 1545 nutzte stattdessen eine ge­son­der­te, dün­ne­re Type für derartige Auszeichnungen. Wie Kursivschrift erscheint sie im Fließ­text op­tisch dünner und schmaler.

3b. Fette Auszeichnungen: Während in Drucken späterer Jahrhunderte sehr häufig fette Frak­tur­schrif­ten für Hervorhebungen verwendet wurden, tauchen sie in der Lutherbibel von 1545 nur an wenigen Stellen auf, so beispielsweise bei den Textzitaten in der Vorrede zum Buch Daniel. Dabei kam eine fette Variante der schmalen Auszeichnungsschrift zum Ein­satz.

Formal befindet sich die Schrifttype, die für Auszeichnungen verwendet wurde, zwischen den beiden anderen Typen: Ihre Bögen sind geschwungener als bei der normalen Fließ­text­type, aber nicht so verspielt, wie bei der Überschriftentype, um noch bei kleinen Schrift­hö­hen sau­be­re Linien zu ermöglichen. Die erwähnten Doppellinien bei manchen Groß­buch­sta­ben ent­fal­len. Auch hier sind die Kleinbuchstaben eher schmal gehalten. Die Linienstärke ist dünner, was den Bögen und der geringeren Buchstabenbreite geschuldet ist.

Dennoch kann es schwerfallen, die Hervorhebungen, gesetzt mit dieser Type, im fließen­den Text auszumachen. Insbesondere dann, wenn nicht längere Passagen in dieser Type ge­setzt sind. Das ist der Grund, weshalb in späteren Ausgaben die fette Fraktur bevorzugt wur­de.

Sehr oft beginnt die erste Druckzeile eines Kapitels mit dieser Hervorhebung, unabhängig da­von, wie lang die Zeile ist. Die Satzlänge oder Trennzeichen spielen dabei keine Rolle. Da­ne­ben finden sich Auszeichnungen bei Zitaten, beispielsweise wenn im Neuen Tes­ta­ment Tex­te aus den Büchern der Propheten zitiert wer­den. Auch Sätze, die Martin Luther als wichtige Zeugnisse christlicher Lehre angesehen hat, sind so gesetzt. Allerdings ist ge­ra­de die letz­te Grup­pe längst nicht so umfangreich vertreten, wie in späteren Ausgaben.

4. Im Alten Testament kam für Hervorhebungen zusätzlich ein Typensatz zum Einsatz, der in der Lutherbibel von 1534 für Überschriften Verwendung fand. Die Type ist hübsch ge­schnit­ten, passte aber nicht besonders gut zu den drei übrigen Hauptschriften und wur­de nur noch spärlich in Überschriften, Unterschriften und Marginalspalten verwendet. Im Fließ­text tau­chen bestenfalls vereinzelte Buchstaben als Versalien für den Ab­schnitts­an­fang auf.

 

Die vier Typen im Vergleich

Die folgenden Zeilen zeigen die vier Typen im Vergleich:

  Verwendung Schrifttype  
 

1. Überschriften:

Die Epiſtel S.Pauli:
An die Römer.
 
 

2. Fließtext:

Die Epiſtel S.Pauli: An die Römer.  
 

3a. Auszeichnungen:

Die Epiſtel S.Pauli: An die Römer.  
 

3b. Die Auszeichnung als fette Type:

DER König wird thun was er wil.  
 

4. Text im Satz der
Lutherbibel von 1534
für Hervorhebungen

Moſe vnd Aaron /
Das Buch Nehemia /
Ende des Alten Teſtaments
 

 

Umlaute und Sonderzeichen

Die Umlaute in Kleinbuchstaben wer­den nicht durch Umlaut-Strichelchen (ä, ö, ü), son­dern durch ein hochgestelltes »e« repräsentiert: ä, ö, ü.

Es gibt die Umlaute nicht als Großbuchstaben, obwohl das technisch machbar gewesen wäre, wie Frakturschriften zeigen, die in späteren Jahrhunderten geschnitten wurden. Statt Ä, Ö, Ü wer­den einfach A, O, V gesetzt, wobei das »e« auch nicht nachgestellt wird, wie es bei »Ae« der Fall wäre. Dies scheint dem Wunsch nach einem ansprechenden Schriftbild ge­schul­det zu sein.

Ein »ß« gibt es nicht in der Lutherbibel von 1545. Hier treffen wir regelmäßig auf ein ein­faches »s« oder ein Doppel-s, auch nicht (wie später üblich) auf »sz«. Allerdings kann in un­se­ren Ab­schnitts­über­schrif­ten das »ß« durchaus vorkommen – sie stammen ja nicht von Luthers Hand.

 

Zwei verschiedene Buchstaben für das »s«

Der Klein­buch­sta­be »s« wur­de nach den Re­geln der Frak­tur­schrif­ten der Luther­bi­bel von 1545 ge­setzt. Das »s«, das der Form nach un­se­rem heu­ti­gen Buch­sta­ben ent­spricht, wird im­mer am En­de ei­nes Wor­tes ge­setzt. Es ist das so­ge­nann­te »fi­na­le S«. Er­scheint es in der Wort­mit­te, dann ist der Be­griff ei­ne Zu­sam­men­fü­gung aus zwei Wör­tern, wo­bei das ers­te Wort mit »s« en­det.

An­sons­ten ist das »s«, das stan­dard­mä­ßig ver­wen­det wird, das sog. »lan­ge S«: »ſ«. Es steht am Wort­an­fang oder in der Mit­te des Wor­tes, nicht je­doch am Wort­en­de. In man­chen mo­der­nen Zei­chen­sät­zen gibt es das »lan­ge S« noch (»ſ«), in der prak­ti­schen An­wen­dung hat es al­ler­dings heute kei­ne Be­deu­tung mehr.

In der Luther­bi­bel von 1545 gel­ten die Re­geln der Luther­zeit. So ist bei­spiels­wei­se die Zu­sam­men­zie­hung ei­nes Verbs mit dem Ad­verb »aus« gut zu er­ken­nen, wie in ausgehen oder ausſenden.

Doch das Wort »Aussatz« (von der infektiösen Krankheit Lepra befallen) schreibt sich auf­grund seiner Herkunft damals noch als Auſſatz (zwei mal »langes S«), nicht wie in der Luther­bi­bel von 1912 als Ausſatz (normales S und langes S), was dort zwar die or­tho­gra­fi­sche Anpassung an die Frakturschriftregeln nachweist, aber fehlerhaft ist. Denn »Aussatz« hat sich von einer Zusammenfügung schon früh zu einem eigenständigen Wort ent­wickelt. Es bezeichnete nicht länger den allgemeinen Zustand des Ausgesetztseins, son­dern eine ganz bestimmte, eindeutige Krankheit: die Lepra. Wird das Wort dafür be­nutzt, kann es nicht aufgetrennt wer­den, ohne seinen Sinn zu verlieren, wenn auch das Verb »aussetzen, setze aus« ursprünglich für die Bezeichnung dieser Krankheit zugrunde lag und tatsächlich als ausſetzen erscheinen kann.

Umgekehrt bedeutet das: Kann ein Wort aufgetrennt wer­den und endet der erste Teil mit »s« (Hausfrau: Frau des Hauses; ausgehen: gehe aus), dann wird das »End-S« zu setzen sein: Hausfraw, ausgehen.

Für den ungeübten Leser besteht die Schwierigkeit darin, im Fließtext das »lange S« zu er­ken­nen. Es unterscheidet sich vom Kleinbuchstaben »f« beinahe nur darin, dass der klei­ne Quer­strich in der Mitte des Buchstabens nicht nach rechts über den senkrechten Haupt­strich aus­ge­führt ist (f: »f« / s: »ſ«). Zusätzlich ist der Bogen oben manchmal (vor allem in Li­ga­tu­ren) et­was an­ders gearbeitet, oder die Dicke in der Linienmitte et­was rundlicher.

 

  Beispiele für den Buchstaben »s« in Frakturschrift  
  »s« am Wortende: das / Gottes  
  »s« am Wortanfang oder in der Mitte ſiehe / Waſſer  
  Ausnahmen in der Wortmitte
(Zusammenfügung)

Got­tes­dienſt (Dienst Gottes; Dienst für/an Gott)

Kriegsknecht (Knecht des Krieges)

Hausuater, Hausvater, Hausgenoſſe

vnausſprechlich

ausſenden

Aber: Auſſatz, auſſetzig und ausſetzen

 
  ggf. schwer unterscheidbar

vorſatz (Vorsatz, nicht Vorfatz)
Aſs (Aas, das)
aſs (, 3. Pers. Imperfekt von essen)
Gefeſs (Gefäß)
Geſicht (Gesicht)

 

 

Großbuchstaben

Die deutsche Sprache verdankt der Lutherbibel die Schreibweise von Wörtern mit Groß­buch­sta­ben. Allerdings benutzt Luther sie noch et­was flexibler als wir heute, ob­wohl auch er schon damit Substantive, Namen oder Satzanfänge markierte. Doch war für ihn der Groß­buch­sta­be eher eine Auszeichnung im Text als die Kennzeichnung be­stimm­ter Wort­ar­ten.

Am Beispiel des Satzbildes von Mt 1,17 sei die Verwendung der Großbuchstaben ver­deut­licht:

ALle Gelied von Ab­ra­ham bis auff Dauid ſind vierzehen gelied. Von Dauid bis auff die Babyloniſchen ge­feng­nis / ſind vierzehen gelied. Von der Babyloniſchen ge­feng­nis bis auff Chri­ſtum ſind vierzehen gelied.

Zu sehen ist, dass der Großbuchstabe als Auszeichnung benutzt wird. Er markiert:

  • a) den Abschnittsanfang mit zwei Großbuchstaben im ersten Wort: ALle

  • b) ggf. den Satzanfang im fließenden Text (jedoch nicht durchgängig): Von Dauid ...

  • c) Namen von Personen und Orten: Ab­ra­ham, Dauid, Chri­ſtum

  • d) Substantive (aber vereinzelt auch Adjektive), sofern sie inhaltlich Gewicht be­kom­men sollen, was nicht immer der Fall ist (beispielsweise können sie diesen Fo­kus verlieren, wenn sie in einem Zusammenhang wiederholt vorkommen und so­mit be­kannt sind).
    Siehe im Beispielsatz das Wort Gelied neben der Schreibweise gelied.

  • e) Wörter, die gewichtig sind oder ggf. einen feststehenden Begriff mei­nen, wie zum Bei­spiel die Babyloniſchen ge­feng­nis (die Ba­by­lo­ni­sche Ge­fan­gen­schaft).
    Bei Luther liegt der Fokus auf »Ba­by­lo­nisch«. Es geht nicht um irgendeine, sondern um genau jene Ge­fan­gen­schaft, die im jüdischen Kol­lek­tiv­wis­sen so schwer wiegt und die diesen ein­deu­ti­gen Namen trägt.
    Luther geht noch einen Schritt weiter und setzt den ersten Buchstaben, das große »B«, nicht in Frakturschrift, sondern in Antiqua, was auf die furchtbaren Umstände und auf die schmachvolle Zeit jener Gefangenschaft hinweist. Gleichzeitig kenn­zeich­net es das gottlose, feindlich gesinnte Babylon.
    Die heutige regelkonforme Schreibweise »die babylonische Gefangenschaft« betont – zu­min­dest optisch! – das Wort »Gefangenschaft«. Sie erwartet vom Leser, dass er die be­son­de­re Bedeutung des nun kleinen, unscheinbaren Adjektivs »babylonisch« auf­zu­lö­sen ver­steht. Über den Begriff hinaus, bietet der so gesetzte Text dem Leser keine Hil­fen mehr, um zu verstehen, welche historische Bedeutung der Ausdruck »babylonische Gefangenschaft« im jüdischen Glauben einnimmt.

    e) Wörter (Substantive und Adjektive), die mit einer Antiqua-Type im ersten Buch­sta­ben gesetzt sind (s. u.). Diese Großschreibung ist typografisch bedingt, weil für den angedachten Zweck im Text ausschließlich Antiqua-Großbuchstaben ver­wen­det wur­den. Im Beispielsatz zu sehen bei: die Babyloniſchen ge­feng­nis.

Dieses Beispiel zeigt sehr schön, dass Luther die Typografie und das Satzbild als In­for­ma­tions­trä­ger für den Leser verstanden und genutzt hatte.

Darüber hinaus wer­den Großbuchstaben als Auszeichnung für den Namen Got­tes mit un­ter­schied­li­chen Bedeutungen verwendet: →HERR, →HErr (Siehe dazu die ent­spre­chen­den Eintrage in unserem Wörterbuch).

 

Antiquaschrift im Fließtext

Es fällt in den Bibeltexten auf, dass etliche Zeichen, insbesondere der erste Buchstabe be­stimm­ter Wörter, in Antiqua-Schrift gesetzt sind. Dies entspricht dem Original. Es soll­te dem Leser helfen, »Gut« und »Böse«, »göttlich« und »gottlos«, »gerecht« und »un­ge­recht«, »himm­lisch« und »irdisch«, »rein« und »unrein« (usw.) schnell zu un­ter­schei­den:

Während die Fraktur-Versalien (A, B, C) auf Gnade, Trost oder das Göttliche usw. hin­wei­sen sollen, deuten die Antiqua-Versalien (A, B, C) begrifflich auf Zorn, Strafe oder das Gott­lo­se usw. hin. So unterscheiden sich beispielsweise die Namen Kain und Habel durch die Ty­pe des ersten Buchstabens, der nun anzeigt, in wel­chem Kontext Luther die bei­den Brü­der sieht (→1Mos 4): Der gute, gottesfürchtige Abel und sein zorniger Bruder Kain, der Got­tes Gebot nicht respektiert.

So wer­den etliche Begriffe sehr häufig mit einem Antiqua-Zeichen eingeleitet: Sünde (ge­gen Gott gerichtete Handlung), Menschen (der Mensch ist durch die Erbsünde grund­sätz­li­ch schuldig), Gesetz (das Gesetz der Menschen macht Sünder, es befreit nicht von Sün­de), Baal und Götze (fremde Gottheiten), Todt (im Gegensatz zur Auferstehung), Schriftgelehrte und Phariseer (als Gegenspieler Jesu und als Vertreter der Gesetzlichkeit), usw.

Darüber hinaus wer­den häufig lateinische Wörter, Satzteile oder Sätze, die Luther nicht ein­ge­deutscht hatte, vor allem in den Marginalspalten in Antiqua gesetzt.

 

Nummerierungen

In den Kapitelüberschriften sowie zur Seitenzählung verwendete der Drucker große, la­tei­ni­sche Zahlen, die dann auch in Antiqua gesetzt sind: I. , II. ,III.

Wurden derartige Referenzen auf Kapitel im Fließtext benötigt, erscheinen die la­tei­ni­schen Zahlen im Satz mit Kleinbuchstaben der Frakturschrift: j. ij. iij. / Cap. xv.

Kapitelzählungen in den Marginalspalten wurden in Frakturschrift mit arabischen Ziffern ge­setzt: Pſal. 23. / 1. Reg 5.

 

Schmuckversalien

Kapitel oder wichtige Abschnitte wer­den i. d. R. mit Schmuckversalien eingeleitet. Sie waren als Holzschnitte gefertigt und überspannten fünf bis acht Fließtextdruckzeilen.

Vom selben Buchstaben gibt es mehrere Varianten, die sich unterscheiden in der Größe (für Buch- bzw. Kapitelanfänge), im Motiv (floral, mit Menschen, mit dämonenhaften We­sen) und im Stich (mit bzw. ohne Hintergrundschraffur).

Innerhalb einer Variante unterscheiden sich die Druckstöcke erkennbar: Es wurden meh­re­re Exemplare von Hand geschnitten. Zwar geschah das sicher mit Hilfe von Vor­la­gen, doch gibt es klare Abweichungen z. B. im Ausdruck von Gesichtern oder in der Li­ni­en­füh­rung der Schraffur.

Wir haben die verschiedenen Varianten nach den Vorlagen in digitale Zeichensätze über­führt, dabei allerdings Nebenformen einer Variante (mit nur marginalen Ab­wei­chun­gen wie anders laufende Schraffuren) ausgelassen. Wir verwenden die Schmuck­ver­sa­lien getreu der Vorlage aus der Lutherbibel.

Ebenso haben wir falsch ausgerichtete Druckstöcke nicht wie im Original, sondern korrekt aus­ge­rich­tet wiedergegeben. So haben die Schriftsetzer manchmal die Druckstempel für die Buch­sta­ben »N« und »S« um 180 Grad gedreht platziert, also auf dem Kopf stehend. Der Unterschied dürfte selbst geübten Lesern kaum auffallen und ist nur im direkten Ver­gleich der gedruckten Versalien untereinander wirklich erkennbar.

An anderen Stellen haben sie den Stempel für das »Z« mit dem des »N« verwechselt: Dreht man das »N« um 90 Grad im Uhrzeigersinn nach rechts, sieht es dem »Z« täuschend ähn­lich, vor allem, wenn die floralen Schmuckmotive keinen Hinweis auf die richtige Aus­rich­tung liefern. Unklar ist, ob es sich dabei wirklich um ein Versehen handelte oder um einen pragmatischen Lösungsweg mit dem Ziel, die Seite einfach druckfertig zu setzen, ohne wei­te­re Stempel schneiden zu müssen.

 

Beispiele unserer Schmuckversalien

 

A A A A

 

D DD

 

N Z Z

 

 

 

Hinweis: Bitte verwenden Sie einen anderen (neueren) Browser, wenn die oben abgebildeten sieben Buchstaben nicht als quadratische Bilder erscheinen, in denen die Buchstaben A, D, N und Z in Antiquaschrift umgeben von Schmuck­mo­ti­ven zu sehen sind.

 

Seltene Wörter und Begriffe in den Luther-Texten

Das große Stilkunst-Wörterbuch Luther-Deutsch / Deutsch

Der Text der Lutherbibel von 1545 ent­hält et­li­che Wör­ter und Be­grif­fe, die teil­wei­se in un­ge­wöhn­li­cher Schreib­wei­se er­schei­nen, teil­wei­se im heu­ti­gen Sprach­ge­brauch un­ge­läu­fig sind. Da­ne­ben gibt es Wör­ter, die ei­ne be­son­de­re Be­deu­tung im re­li­gi­ö­sen oder theo­lo­gi­schen Kon­text ha­ben.

Zu etlichen Texten bieten wir des­halb ein Wör­ter­buch mit den Be­grif­fen, die uns er­klä­rungs­be­dürf­tig er­schei­nen. Die Ar­beit an die­sem Werk ist längst noch nicht ab­ge­schlossen.

Schreiben Sie uns, wenn Ihnen weitere Wörter auf­fal­len, die im Wör­ter­buch er­klärt wer­den sollten.

Unser Wörterbuch, mit allen derzeit darin enthaltenen Schlagwörtern, finden Sie hier:

→Das große Stilkunst.de–Wörterbuch zur Lutherbibel von 1545

 

Sabrina

Text | Grafik | Webdesign | Layout:

©by Reiner Makohl | Stilkunst.de
©by Sabrina | SABRINA CREATIVE DESIGN™

SK Version 16.03.2024