Die Macht des Betens

Gedanken über sinnvolles Beten

Gedankenpause

Gedankenpause

 

Die Macht des Betens

Ein Workshop

Gedanken über die Praxis des Betens

 

 

 

I.
Einleitung

Die Macht des Betens

Abbildung: »Unser täglich Brot gib uns heute.«
»Wer von Euch wird, wenn ihn sein Sohn um Brot bittet, ihm einen Stein geben?
Wie viel mehr wird euer Va­ter im Himmel denen Gutes geben, die ihn bitten?
«
(→ Mt 7,9-11) | © Geschütztes Bildmaterial

 

1. Die Macht des Betens

Es ist der fünf­te Sonn­tag nach Os­tern, di­rekt vor Chris­ti Him­mel­fahrt. Die­ser Sonn­tag trägt im Ka­len­der den Na­men »Ro­ga­te«. Das ist La­tein und be­deu­tet »Be­tet!« – ein merk­wür­di­ger Na­me für einen Sonn­tag, da­zu noch für ei­nen christ­li­chen Sonn­tag!

Braucht es ei­ne Er­mah­nung für Chris­ten, zu be­ten? Braucht es ei­nen Tag, der das Be­ten zum The­ma macht? Eine Fei­er, in der uns er­klärt wird, wie man be­tet? Offensichtlich.

Betet! – Na, dann! Fol­gen wir doch ein­fach ein­mal die­ser Auf­for­de­rung! Wenn nicht jetzt, wann dann? Was ris­kie­ren wir schon da­bei? Ei­gent­lich doch nichts. Was kos­tet es uns, außer ei­ni­gen we­ni­gen Mi­nu­ten Zeit, die wir ver­mut­lich an­der­wei­tig kaum bes­ser ge­nutzt hät­ten?

Doch halt! So ein­fach ist es nun doch nicht!

Beten – wie geht das ei­gent­lich? Da gibt es doch völ­lig un­ter­schied­li­che Vor­stel­lun­gen von dem, was ein »gu­tes« Ge­bet aus­macht, oder? Schließ­lich soll es auch wir­ken, nicht nutz­los sein. Doch wie macht man das? Wie stellt man das an, dass es wirkt?

Gibt es nicht ir­gend­wel­che Hand­lungs­an­wei­sun­gen da­für? Ei­ne Art Be­die­nungs­an­lei­tung? Ei­nen User Guide? Die Macht des Be­tens soll ja enorm sein! Hört und liest man je­den­falls hin und wie­der.

Die Macht des Be­tens! Das klingt ein we­nig nach Kitsch, Fan­ta­sy-Ro­ma­nen und »Mö­ge die Macht mit Dir sein!« – schön wä­re es ja, wenn es sie gä­be. Oder nicht?

Wann haben Sie das letz­te Mal ge­be­tet? Wis­sen Sie, wie es geht?

Ken­nen Sie die Macht des Be­tens?

 

2. Ein Workshop für das Beten

Ein Work­shop – wo­zu das denn? Ei­gent­lich soll­te doch je­der Christ von Kind­heit an ge­lernt ha­ben, zu be­ten. Eigent­lich soll­te je­der evan­ge­li­sche Christ spä­tes­tens im Kon­fir­man­den­un­ter­richt an­ge­lei­tet wor­den sein und selbst er­fah­ren ha­ben, wie man rich­tig be­tet und was es da­bei zu be­ach­ten gilt. Und ei­gent­lich soll­te je­der Christ von der Macht des Be­tens über­zeugt sein. Nicht nur aus Glau­ben he­raus, son­dern auf­grund ei­ge­ner Er­fah­rung. Ei­gent­lich.

Wir glau­ben aber, dass es an die­ser Stel­le durch­aus an­ge­bracht und hilf­reich ist, ein paar Wor­te über das Be­ten zu ver­lie­ren.

Wir kön­nen Ihnen sa­gen, wie es geht. Wir kön­nen es hier nie­der­schrei­ben. Doch was nut­zen Wor­te! Las­sen Sie uns da­her einen Work­shop da­raus machen. Mit prak­ti­schem Übungs­teil. Sie kön­nen sich selbst ein­brin­gen und über­prü­fen, was geht und was nicht. Wir sa­gen Ih­nen al­so, wie es geht – the­o­re­tisch! –, und sie pro­bie­ren es aus, ganz prak­tisch. Neh­men Sie sich die paar Mi­nu­ten – es kos­tet au­ßer Zeit fast nichts.

 

II.
Der Workshop
Beten

 

1. Die Vorbereitung

Was brau­chen Sie da­für? Nicht viel. Das Ge­bet im Ver­bor­ge­nen ist die voll­stän­di­ge Kom­mu­ni­ka­ti­ons­form. Es be­darf für den Dia­log mit Gott we­der Mitt­ler, wie Pries­ter oder Pfar­rer, und auch kei­ne be­son­de­ren Orte oder Räu­me, wie Wall­fahrts­stät­ten, Tem­pel, Kir­chen oder Ka­pel­len. Hilfs­mit­tel, wie Hei­li­ge Bü­cher, Ge­bets­bü­cher, Kru­zi­fi­xe, Re­li­qui­en oder Ge­bets­krän­ze, sind über­flüs­sig. Auch Al­tä­re und Op­fer ir­gend­wel­cher Art sind völ­lig un­nö­tig.

Das Ge­bet wirkt auf­grund sei­ner Ehr­lich­keit, mit der es ge­spro­chen und ge­meint ist. Da­bei kommt es nicht auf die Wor­te an, son­dern auf das Ver­trau­en in die Barm­her­zig­keit Got­tes und in die ge­leb­te Be­zie­hung zu ihm. Re­den ist eins, Han­deln et­was an­de­res.

Auch die stän­di­ge Wie­der­ho­lung des sel­ben Ge­bets nach­ein­an­der ist nicht sinn­voll oder nö­tig. Da­her sind Ro­sen­krän­ze oder gar Ge­bets­müh­len über­flüs­sig.

Es kommt al­so nicht da­r­auf an, viel zu re­den und mehr oder we­ni­ger klu­ge, wo­mög­lich ir­gend­wie re­li­gi­ös an­mu­ten­de Sät­ze zu plap­pern, son­dern da­r­auf, was Sie vor dem Ge­bet ta­ten und was Sie da­nach tun möch­ten. Nur dann kön­nen Ge­be­te wir­ken.

Wie das zu ver­ste­hen ist? Das se­hen wir gleich. Doch zu­nächst las­sen Sie uns einen Blick in die An­lei­tung zum Be­ten wer­fen.

 

2. Die Anleitung zum Beten

Sie hatten schon richtig vermutet: Es gibt so et­was wie eine Anleitung zum Beten. Jesus gab uns für das Beten ebenso einfache wie klare Anweisungen. Wir finden Sie im Evan­ge­li­um des Matthäus (Kapitel 6). Mehr ist nicht zu tun.

Nun wird es Zeit, sich mit der »Anleitung« vertraut zu machen. Schauen wir uns an, was Jesus über das Beten sagte. Lesen Sie den folgenden, kurzen Text aus dem Mat­thä­us­evan­ge­li­um. Er besteht aus drei Teilen:

  • Im ersten Teil erfahren wir Grundsätzliches über das Beten. Wir erfahren wie es nicht gemacht wer­den sollte und wie es richtig gmacht wird.
  • Im zweiten Teil steht das Gebet, das alles beinhaltet, was im Gebet gesprochen wer­den sollte. Mehr brauchen wir nicht.
  • Im dritten Teil erfahren wir die grundlegende Voraussetzung für erfolgreiches Beten, die ger­ne unterschlagen wird. Doch sie ist es, die dafür sorgt, dass Gebete wirken. Allgemein ausgedrückt sagt dieser Teil aus: Gemäß der eigenen Bitten handeln!
    Dies ist der kritische Aspekt beim Beten. Er ist weitgehend unbekannt, weil er zu selten im Gottesdienst erwähnt und ausgelegt wird. Der richtige Ort dafür wäre kurz vor dem Vaterunser im →Proprium.
    Und weil er zu wenig beachtet wird, entsteht der Glaube, allein das gesprochene Gebet genüge. Wenn es dann nicht wirkt, ist die Enttäuschung da­r­ü­ber groß! Der Glaube an die Macht des Betens schwindet.

Das Evangelium des Matthäus

 

Erster Teil:

6 5 Wenn ihr be­tet, seid nicht wie die Heuchler, denn sie beten gern, wenn sie in den Kirchen und an den Straßenecken stehen, damit es die Leu­te mitbekommen. Ich sage euch: Sie haben damit ihren Lohn schon erhalten. So ist das. 6 Du aber, wenn du betest, geh in Dein Zimmer, schließe die Tür und bete zu deinem Gott, Deinem Vater, in dieser Abgeschiedenheit. Und dein Vater, der dich in der Abgeschiedenheit sehen kann, wird es Dir vergelten.

7 Wenn ihr be­tet, plappert nicht daher wie die Heiden, denn sie mei­nen, erhört zu wer­den, wenn sie viele Worte machen.
8 Macht es einfach nicht wie sie. Euer Va­ter weiß doch, was ihr braucht, noch bevor ihn bittet.

9 So sollt ihr beten:

Zweiter Teil:

Unser Va­ter im Himmel,
geheiligt wer­de dein Name,
10 dein Reich komme,
dein Wille geschehe
wie im Himmel, so auf Erden.
11 Unser tägliches Brot gib uns heute.
12 Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir unsern Schuldnern vergeben haben.
13 Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.

Dritter Teil:

14 Wenn ihr nämlich den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, wird auch euch euer himmlischer Va­ter vergeben.

15 Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, wird euer Va­ter auch eure Verfehlungen nicht vergeben.

 

Lesen Sie diesen Text in der Bibel von 1545:
→Matthäus 6,5-15

 

3. Die Bedingung für erfolgreiches Beten

 

3.1 Vergebung erbitten setzt vergeben voraus

Jesus verwies im Zusammenhang mit der Praxis des Betens darauf, wie wichtig für den Er­folg unserer Gebete unser eigenes Handeln ist. Die Schlüsselrolle nimmt dabei »Ver­ge­bung« ein. Wie im richtigen Leben: Eine gute Beziehung sollte unbelastet sein von Vor­wür­fen und von Schuldgefühlen. Auch die Beziehung zwischen Ihnen und Gott.

Jedoch – so erklärt es Jesus! –, Vergebung kann nur erlangen, wer selbst vergeben hat! Bitte beachten Sie die Zeitform in diesem Ausdruck: Perfekt, vollendete Gegenwart. Da helfen kein Ge­schwätz und kein guter Vorsatz, erst recht kein geheuchelter: Wir müssen ehrlich sein und vor dem Gebet mit der Bitte um Vergebung be­reits selbst ver­ge­ben haben, um Ver­ge­bung zu erlangen.

Das ist heikel! Haben Sie jemandem irgendet­was zu vergeben? Und haben Sie bereits ver­ge­ben? Wenn nicht: Es ist ja nie zu spät! Tun Sie es jetzt!

Aber vergessen Sie bitte nicht die ehrliche Absicht dahinter. Die Macht und die Wirk­sam­keit des Gebets wer­den nicht durch Rituale angeregt und erlangt, sondern durch die Ehr­lich­keit unserer Beziehung zu Gott und zu unseren Mitmenschen.

Aber wie macht man das, so kurz vor dem Gebet?

Sie müssen nun nicht jede Person einzeln aufsuchen und ihr persönlich mitteilen, dass Sie ihr vergeben. Das können Sie tun, und es wäre in manchen Fällen sicher sinnvoll und gut. Aus­sprachen können helfen, Dinge in Beziehungen zu klären. Sie müssen das aber nicht.

Es genügt, wenn Sie sich Personen und die jeweiligen Situationen vor Ihr geistiges Auge ho­len und erhrlich vergeben. Das meint: nachhaltig und dauerhaft vergeben. Bei der nächs­ten Begenung mit diesen Personen oder auch nur in Ihren Gedanken an diese Personen sollten Sie dann nichts nachtragen. Es ist vergeben.

 

3.2 Vergebung kostet sehr viel Überwindung

Ja, das kostet Überwindung! Womöglich sehr viel Überwindung. Ein Vorfall am Ar­beits­platz könnte beispielsweise die Frage aufwerfen: »Bin ich wirlich bereit, meinem Arbeitskollegen seine freches, hinterhältiges und intrigantes Verhalten zu verzeihen und ihm zu vergeben?« – Vermutlich wer­den Sie das nicht schaffen. Nicht jetzt, nicht sofort.

Aber Vergebung lässt sich üben. Wenn Sie damit keine Erfahrung haben, müssen Sie erst lernen, wie es geht, wie es sich anfühlt und wie es sich auswirkt.

Beginnen Sie deshalb nicht mit dramatischen Ereignissen, sondern wählen Sie Situationen, die Sie selbst weniger belasten.

Ein Beispiel, unabhängig davon, ob es für Sie zutrifft, oder nicht: Ihr Partner hat Sie in einer eher nebensächlichen Angelegenheit belogen. Sie haben es gemerkt und ärgern sich da­rü­ber. Wären nun Vorwürfe ein adäquates Mittel? Würde das die Beziehung fördern, weil es ja Klar­heit schafft? Versuchen Sie es mit Verzeihen, ohne Vorwürfe. Ausgesprochen oder im Stillen, wichtig ist nur: Es sollte Ihre Haltung in der Beziehung zu Ihrem Partner nicht län­ger belasten.

Wir könnten viele weitere Beispiele aufführen, schließlich leben wir alle mit zahlreichen Men­schen mehr oder weniger eng zusammen, und dabei kommt es immer wieder zu klei­nen und großen Konflikten: in den Familien, im Freundeskreis, unter Bekannten, unter Nach­barn, in Vereinen, in Schulen und am Arbeitsplatz oder ganz einfach an der Fleisch­the­ke und an der Kasse im Supermarkt.

Sie haben ganz sicher viele Erfahrungen gemacht, in denen Sie sich belogen, beleidigt, zu­rück­ge­setzt, nicht wertgeschätzt, ungerecht behandelt und angegriffen fühlten. Wählen Sie daraus zunächst nur einen kleinen Vorfall, keineswegs mehr als zwei, aus dem engeren Per­so­nen­kreis. Schließlich müssen Sie auch Gelegenheit haben, zu erfahren, wie es sich an­fühlt, und wie es sich bei der nächsten Begegnung mit diesem Menschen auswirkt. Wie es sich in Ihnen und in der Bezeihung auswirkt. Auch, oder gerade dann, wenn nicht mehr da­r­ü­ber gesprochen wird.

Ja, Vergebung ist schwer! Aber wir können Sie nur ermuntern, es zu versuchen. Sie wollen doch, dass Ihr Gebet wirkt?

Alles erledigt? Sind sie bereit?

 

4. Das Praktikum

Dann kommen wir jetzt zum praktischen Teil. Suchen Sie also einen ruhigen, ab­ge­schie­de­nen Ort auf. Ein Zimmer, einen Raum, in dem Sie ungestört sind. Es muss und sollte niemand mitbekommen, dass Sie nun beten wer­den.

Entspannen Sie sich. Machen Sie es sich bequem. Es ist nicht nötig, irgendeine besondere Kör­per­hal­tung einzunehmen. Sie müssen nichts tun. Sie müssen weder knien, noch auf dem Bo­den liegen, noch die Hände falten. Sie können es tun, wenn Sie mögen. Sie müssen aber nicht. Nehmen Sie eine Haltung ein, die Ihnen ganz natürlich, selbstverständlich und ent­spannt vor­kommt. Sie sollten sich dabei wohlfühlen.

Seien Sie nur einfach locker und versuchen Sie, die Welt um sich herum zu vergessen. Sie soll­ten wirklich ungestört sein und sich durch nichts stören lassen. Nur für zwei, drei Mi­nu­ten.

Wenn Sie soweit sind, fangen Sie an, zu beten. Versuchen Sie zunächst nicht, Ihr Gebet mit eigenen Sätzen oder Wünschen anzureichern. Sprechen Sie einfach die Sätze, die uns Jesus empfohlen hat. Da steckt alles drin, was Sie brauchen, um das Gespräch mit Gott er­folg­reich zu führen. Mehr ist wirklich nicht nötig. Alles andere, was Sie bewegt, ist darin im­pli­ziert.

Sprechen Sie das Gebet laut und hören Sie sich selbst dabei zu.

 

5. Die Auswertung

Und nun: Seien Sie kritisch mit sich selbst! Nehmen Sie einmal kurz die Rolle des Emp­fän­gers ein, an den diese Worte gerichtet waren. Wie klang das? War das ehrlich? Würden Sie dem, der da gesprochen hatte – also sich selbst! – das abnehmen, was er da von sich gab? Denken Sie, das hat er ernst gemeint?

Wenn nicht: An welcher Stelle klang es weniger oder gar nicht überzeugend? Wenn Sie diese Stelle (oder auch mehrere) ausgemacht haben, dann können Sie Ihrem Sprecher viel­leicht ein paar hilfreiche Tipps geben: Was muss er tun, damit sein Gebet ehrlich klingt und überzeugt? Geben Sie ihm die nötigen Handlungsempfehlungen! Und geben Sie ihm eine zweite Chance. Oder auch eine Dritte. – Es muss nicht gleich sein. Vielleicht heute Abend oder morgen oder nächste Woche.

 

III.
Abschließende Erläuterungen

 

1. Die Bedeutung der Bitten im Gebet

Sie haben nun gesehen: Das Gebet besteht aus zwei Teilen. Dem eigentlichen Gebet und dem Tun drumherum bzw. zwischen zwei Gebeten. Da passiert ja immer irgendet­was. Das lässt sich auch gar nicht vermeiden.

Aber einiges von dem, was da passiert, wird im Ge­bet womöglich bedeutsam. Über Ver­ge­bung hatten wir bereits nachgedacht. Doch Vergebung alleine genügt nicht.

Der Erklärung Jesu in Matthäus 6,14-15 steht beispielhaft für alle Bitten, wenn die Bitte um Ver­ge­bung auch be­son­ders schwergewichtig sein mag.

Hier ein paar Beispiele für Bitten, die in Gebeten vorkommen und was sie voraussetzen:

  • Wer im Gebet um »Brot« bittet, muss selbst bereit sein, Bittenden »Brot« zu geben!
  • Wer im Gebet um Frieden bittet, muss selbst friedsam sein.
  • Wer im Gebet um Gesundheit bittet, muss selbst bereit sein, Kranken zu helfen.
  • Wer im Gebet um Trost bittet, muss selbst bereit sein, zu trösten.
  • usw.

Sie sehen, es geht letztendlich darum: Gemäß der eigenen Bitten handeln!

Was wären Ihre größten Bitten?

Die Bitte um das tägliche Brot im Vaterunser soll nun exemplarisch näher beleuchtet wer­den. Wie hängt sie mit unserem Alltag und mit unseren ganz persönlichen Bedürfnissen zu­sam­men?

 

2. Die Bedeutung der Bitte um das tägliche Brot

Unser tägliches Brot gib uns heute

 

Wir beten die Zeile »Unser tägliches Brot gib uns heute«. Vielleicht fragen Sie sich, was denn Gott damit zu tun habe. Schließlich gehen Sie arbeiten, ver­die­nen Geld, und kaufen sich, was Sie an Le­bens­mit­teln benötigen. Oder Ihr Partner ver­dient das Geld. Oder Ihre El­tern. Oder Sie beziehen Rente, Arbeitslosengeld oder So­zi­al­hil­fe. Aber: Ist das alles so selbst­ver­ständ­lich?

Als Rentner haben wir lange hart ge­ar­bei­tet. Unser Rentensystem gewährt uns nun den Ruhestand. Auch, wenn es nicht viel sein mag: Rentner bekommen Geld, ohne dafür weiterhin arbeiten zu müssen.

Auch Arbeitslose und sozial Schwache fallen nicht völlig ins Bodenlose. Alles ist zwar knapp und Geld gibt es nur wenig, aber es gibt Brot. Niemand verhungert.

Die Rechte der Arbeitnehmer wer­den bei uns gesetzlich geschützt. Sklaverei, Fron­ar­beit und Ausbeutung wer­den geächtet. Selbst über den Lohn, der zu zahlen ist, bestimmen Gesetze und ver­han­deln In­ter­es­sen­grup­pen. Für Arbeit gibt es Lohn.

Das sind Errungenschaften unserer Ge­sell­schaft, die keineswegs selbst­ver­ständ­lich sind. Beispiele, wie es anders laufen kann, er­lei­den viele Millionen Menschen täglich auf dieser Welt.

Ebenso wenig ist es selbstverständlich, Ar­beit zu haben. Man hat sie, aber man kann sie sehr schnell verlieren. Auch in un­se­rem Staat.

 

»Unser tägliches Brot gib uns heute« erinnert uns daran, dass es eben nicht selbst­ver­ständ­lich ist, jeden Tag satt sein zu dürfen. Die Generationen vor uns und wir selbst haben dafür ge­run­gen, und wir müssen in politischen Auseinandersetzungen immer wieder dafür neu ein­tre­ten, dass unser soziales Netz nicht reißt. Renten, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe und Min­dest­löh­ne stehen immer wieder auf dem Prüfstand, wenn der Gürtel enger zu schnallen ist oder politische Machtspiele gespielt wer­den.

 

Wir müssen täglich dafür sorgen, dass wir unseren Arbeitsplatz be­hal­ten. Möglichst lange. Immer weniger Men­schen rechnen damit, dass sie in ihren Jobs bis zum Rentenalter bleiben wer­den. Immer mehr junge Menschen wechseln von erfolgreich abgeschlossenen Ausbildungen und Studiengängen direkt in die Ar­beits­lo­sig­keit.

Es ist der Kampf um immer weniger Ar­beits­plät­ze, von denen viele nicht einmal mehr zum Leben das nötige Einkommen bei­steu­ern. Immer mehr Menschen haben zwei oder drei kleinere Jobs gleichzeitig. Selbst Rentner sind längst darauf an­ge­wie­sen, um ihr Auskommen zu bestreiten.

Das alles ist anstrengend und kostet Kraft. Die Angst vor dem sozialen Abstieg macht immer mehr Menschen krank. Gut, wenn wir uns da­r­ü­ber im Klaren sind und um Kraft bitten. Denn es kann uns selbst treffen.

 

»Unser tägliches Brot gib uns heute« meint: Sich bewusst sein, dass man dafür eintreten muss. Es ist eben nicht selbstverständlich. Es fällt auch nicht vom Himmel.

Man muss für sich sorgen können, aber auch für andere. Man muss dafür eintreten, dass unser soziales Netz fester und engmaschiger wird. Dort, wo es schwach und löchrig ge­wor­den ist, kann und sollte man selbst aktiv wer­den und einen winzigen Faden spinnen, der für irgendeinen anderen, bedürftigen Mitmenschen »Unser tägliches Brot gib uns heute« meint. Solche Fäden könnten Spenden sein, aber auch die aktive Mitarbeit in einer kleinen, regional aufgestellten Hilfsorganisation. Auch in Ihrer Nähe gibt es vielleicht Organisationen und Vereine, die Ihre Hilfe gut brauchen könnten.

»Unser tägliches Brot gib uns heute« meint da­r­ü­ber hinaus die konkrete Bitte und Hoffnung, dass wir selbst nicht in Not geraten und durch ein rissiges Loch im Netz plumpsen. Und wenn doch, dann möge jemand da sein, der einen Faden spinnt, der uns trägt. Treffen kann es jeden.

Wir haben keine Garantien dafür, unbeschadet durch das Leben zu gleiten. Und so, wie wir selbst auf Hilfe und Unterstützung hoffen und angewiesen sind, wenn es schief läuft, können wir selbst helfen und unterstützen, wo für einen Mitmenschen Hilfe nötig ist.

 

Welche Aspekte in »Unser tägliches Brot gib uns heute« für Sie ganz persönlich wichtig sind, das wissen nur Sie. In Ihrem Gebet wer­den genau diese Aspekte sehr deutlich mitschwingen, wenn Sie das Gebet ernst nehmen. Es ist keine leere Floskel. Es ist ihr vertrauliches Gespräch mit Gott, in dem nur eins Bedeutung hat: Sie selbst.

 

IV.
Handeln Sie!

 

1. Den Sinn der Bit­ten er­grün­den und han­deln

Sie sehen: Der ers­te Teil un­se­res Work­shops ist leicht zu prak­ti­zie­ren. Man be­tet ein­fach. Doch ver­ges­sen Sie den zwei­ten Teil nicht! Je nach­dem, wie sie ihn ge­stal­ten, kann sich die­se Übung über lan­ge Zeit­räu­me er­stre­cken. Wo­mög­lich über den Rest Ih­res Le­bens.

Wir ha­ben ver­sucht, am Bei­spiel der Ver­ge­bung und am Bei­spiel der Bit­te um das täg­li­che Brot auf­zu­zei­gen, wel­chen Sinn be­ten ha­ben kann. Viel­leicht ha­ben Sie nun Lust, ein­mal über die an­de­ren Sät­ze im Va­ter­un­ser nach­zu­den­ken. Viel­leicht fin­den Sie selbst he­r­aus, was die­se Bit­ten für Sie und für das Zu­sam­men­le­ben mit Ih­ren Mit­men­schen be­deu­ten mö­gen.

Und dann – al­ler­dings erst dann! –, wer­den Sie in der La­ge sein, Ihr Ge­bet mit ei­ge­nen, sehr per­sön­li­chen For­mu­lie­run­gen von Bit­ten, Wün­schen und Dan­kes­be­zeu­gun­gen an­zu­rei­chern.

Dies des­halb, weil Sie erst dann er­fah­ren ha­ben und wis­sen, wel­che Bit­ten Sinn ma­chen. Sie wis­sen dann auch, wel­che Bit­ten und Wün­sche auf den ers­ten Blick zwar toll er­schei­nen mö­gen, aber komp­lett un­sin­nig sind, weil Sie bei­spiels­wei­se nur Ih­ren Nut­zen be­deu­ten ohne Rück­sicht auf Ih­re Mit­men­schen und die­sen wo­mög­lich so­gar scha­den. Sie ha­ben dann er­fah­ren, wo­für Sie zu dan­ken ha­ben, aus ei­ner Dank­bar­keit für et­was, zu­dem Sie nichts oder nur we­nig bei­tru­gen, wo an­de­re viel bei­steu­er­ten, oft un­sicht­bar und wie selbst­ver­ständ­lich.

Doch all das macht kei­nen Sinn, wenn Sie Ih­ren ei­ge­nen Bit­ten im Ge­bet nicht fol­gen!

Wenn Sie bei­spiels­wei­se beim Abend­es­sen um Got­tes Se­gen für die­se Spei­se und für die Tisch­ge­mein­schaft bit­ten, dann soll­ten Sie das auch ernst neh­men, da­mit es kei­ne lee­ren Wor­te sind und kein »Ge­plap­per« ist. Sie soll­ten re­spekt­voll mit der Na­tur und mit Le­bens­mit­teln um­ge­hen. Sie soll­ten je­ne re­spekt­voll be­trach­ten, die die Her­stel­lung der Le­bens­mit­tel und der fer­ti­gen Spei­sen durch ihre Ar­beit er­mög­licht ha­ben. Sie soll­ten dank­bar sein für Ih­re Le­bens­um­stän­de, denn nicht je­der Mensch kann vor vol­len Tel­lern beim Es­sen sit­zen. Sie soll­ten de­nen Re­spekt er­wei­sen, die mit Ih­nen es­sen. Und je­nen, de­nen Sie wo­mög­lich et­was zu ver­ge­ben ha­ben ...

Respekt er­wei­sen, wert­schät­zen, dank­bar sein – nicht durch Wor­te, son­dern durch Ihr Ver­hal­ten aus­ge­drückt, durch Ihr Han­deln. Die­ses Han­deln wird an­ge­trie­ben aus Ih­ren ei­ge­nen Bit­ten he­r­aus, und es dient in ers­ter Li­nie Ih­nen selbst!

 

2. Die Macht des Betens steckt in Ihnen

Ja, das alles klingt kom­pli­ziert! Es er­war­tet viel En­ga­ge­ment von Ih­nen. Man muss so­gar über den ei­ge­nen Schat­ten sprin­gen kön­nen. Und man muss dran blei­ben. Nicht nur re­den, han­deln!

Aber wo­mög­lich ist es ge­nau das, wes­halb vie­le nicht an die Macht des Be­tens glau­ben: Sie neh­men das Ge­bet nicht ernst. Sie kön­nen nicht er­fah­ren, wie es wirkt.

Zwar kön­nen wir da­für nicht ga­ran­tie­ren, aber wenn Sie die­ser kur­zen An­lei­tung, die wir hier ge­ge­ben ha­ben, ein­mal ver­suchs­wei­se fol­gen, dann kann es gut sein, dass auch Sie zu dem Schluss kom­men: Be­ten tut nicht nur gut, es hilft. Sehr kon­kret, sehr pra­xis­nah, und es wirkt!

Be­ten ent­fal­tet sei­ne Macht dort, wo Men­schen das Ge­bet ernst mei­nen.

Die Macht des Be­tens – sie steckt auch in Ih­nen!

 

– Hinweis –

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