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Muss man nicht lesen, kann man aber!

Teures Tschernobyl

20. April 2011

D ie schlechten Nachrichten reißen nicht ab: Schlecht ist, dass (wie schon an anderer Stelle angemerkt!) der Sarkophag, der den zerstörten Kraftwerksblock in Tschernobyl umkleidet, zerfällt. Schlecht ist, dass dort hohe Strahlung austritt. Schlecht ist, dass wieder Menschen in der Gefahrenzone sind, um die nötigsten Reparaturen zu veranlassen und um einen neuen Sarkophag zu bauen. Schlecht ist, dass der neue Sarkophag sofort gebaut werden muss und mindestens 1,6 Milliarden Euro kosten wird. Ich behaupte mal, es werden locker 2,5 Milliarden Euro werden. Die lange Bauzeit bis zum Jahr 2015 lässt das vermuten. Im Jahre 2007 ging man noch von ca. einer Milliarde aus. Schlecht ist, dass die Verantwortlichen das gar nicht bezahlen können!

Exkurs: Youtube-Video Errichtung des geplanten New Safe Confinements


Deshalb hatte die Ukraine zu einer Geldgeber-Konferenz am gestrigen Tag eingeladen. Sie bat und bittet um Spenden. Anders ist das nicht zu schaffen. Doch das Ergebnis der Konferenz ist ein erschütterndes Trauerspiel: Jedem ist völlig klar, was Atomverseuchung bedeutet. Alle wissen, dass sofort zu handeln ist. Zusammengekommen sind jedoch nur 550 Millionen Euro.

Immerhin, auch wenn es so nicht in der Zeitung steht: Ich bin dabei! Mit Pi-Mal-Daumen gut einem Euro unterstütze ich als Steuerzahler der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union dieses Projekt. Vermutlich mit deutlich mehr! Wie jeder andere deutsche Steuerzahler auch. Denn wieder einmal beteiligen sich Staaten in großer Höhe, also die Steuerzahler. Wieder ein Euro, der nicht auf meiner Stromrechnung steht, aber dem Atomstrom anzulasten ist. Ich weiß noch nicht wer, aber irgendjemand könnte dafür mal »Danke!« sagen, oder?

Ein Trauerspiel ist es m. E. vor allem für die Atomindustrie. Erzählt sie uns nicht unentwegt, sie habe alles im Griff? Erklärt sie nicht immer wieder, sie kenne das Restrisiko und sie stehe zu ihrer Verantwortung?

Ich bin für Solidargemeinschaften. Die Geldgeber-Konferenz wäre eine gute Chance für die Atomindustrie gewesen, ihren Behauptungen ein dickes Fundament mit Signal-Wirkung zu verpassen und im Schulterschluss einer solidarischen Verantwortung Ausdruck zu geben. Den Tschernobyl-Strom haben nicht nur die Ukrainer genutzt und nicht nur sie haben damit finanzielle Vorteile erwirtschaft, solange noch alles gut war. Chance vertan!

Es hätten viele Milliarden zusammenkommen können ohne den erniedrigenden Bittgang der ukrainischen Regierung. Der Atomindustrie geht es nicht schlecht. Tschernobyl ist ein europäisches und ein weltweites Problem.

Und da sollen wir glauben, dass im Fall des Falles hier in Deutschland die Atomindustrie für Folgeschäden und Kosten aufkommen wird? Bitte! Kommen Sie nun nicht mit dem Hinweisen, das war ja auch die Sowjetunion, das ist die Ukraine. Andere Länder, andere Sitten, usw. So einfach ist das nicht! Es gibt unserer Meinung nach keinerlei verlässliche Anzeichen dafür, dass die Aufarbeitung solcher Folgen in Deutschland anders ablaufen würde.

Mein Vorschlag: Es könnte eine »Welt-Atomkraft-Rück« eingerichtet werden. Eine Zentralbank, deren Einlagen dazu bestimmt sind, Atomunfälle zu decken. Von Sachkosten bis hin zu Renten und medizinischen Versorgungsleistungen für Betroffene. Man müsste auch keine Geldgeber-Konferenz einberufen, denn sie stehen fest, die Geldgeber: Staaten und Energieversorger, die Atomkraft nutzen. Egal, ob zur privaten, öffentlichen oder militärischen Nutzung, zur Energiegewinnung, zu Forschungszwecken oder in Waffen. Denn die Gefahren, die beispielsweise von atombetriebenen Flugzeugträgern oder U-Booten ausgehen, sind nicht geringer, als die von Atombomben oder von veralteten Atomkraftwerken. Tschernobyl und Fukushima hätten davon bereits profitieren können.

Das wäre schon allein deshalb wichtig, um Weltmärkten Sicherheit zu geben, um Turbulenzen an Börsen und an Finanzmärkten abzufedern. Was Fukushima für den japanischen Haushalt und seine Verschuldung bedeuten wird, kann heute noch gar nicht ermessen werden. Die Ukraine hat ihr Desaster: Tschernobyl. Und den Ukrainern wird klar, dass sie daran noch lange zu knabbern haben werden.

Wieder 1,6 Milliarden Euro an Subventionen für den Atomstrom. Geld, das nun nicht in erneuerbare Energien investiert werden kann. Wieder ein Grund mehr, eine Erhöhung der Strompreise zu fordern. In Ordnung. Von mir aus. Aber bitte sagen Sie nicht, Atomstrom ist billig. Das, was auf einer Rechnung steht, ist längst nicht das, was wir wirklich dafür bezahlen müssen.

Sabrina

Kategorien: Politik | Atomkraft

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