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Muss man nicht lesen, kann man aber!

Alkohol und Nikotin: Die Killer der Nation

5. Mai 2011

D as neue »Jahrbuch der Sucht« der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen zeigt erschreckende Zahlen. Das Ergebnis: Alkohol und Nikotin sind für einen großen Teil aller Todesfälle verantwortlich. Ohne diese beiden Killer könnten wir vermutlich beruhigt unserem Dahinscheiden an gewöhnlicher Altersschwäche entgegen sehen.

Das mit dem Rauchen ist klar. Rauchen wird sanktioniert und Raucher bekommen täglich die Botschaften mitgeteilt, dass sie einer unliebsamen Sucht frönen, dass Rauchen der Gesundheit schadet und tödlich sein kann. Obwohl – an Nikotinvergiftung sterben nicht viele, oder? Die Todesfälle, die üblicherweise auf Nikotinkonsum zurückgeführt werden, haben vordergründig andere Ursachen. Krebs beispielsweise. Oder Herzinfarkte. Schnell wird dann dem Nikotin die Schuld gegeben. Sicherlich ist es daran irgendwie beteiligt, unklar bleibt allerdings, wie. So kommen andere Faktoren für diese Krankheiten gar nicht erst ins Gespräch. Und die gibt es zuhauf. »Todesursache Nikotin« ist jedenfalls kein Merkmal in der Todesstatistik des Statistischen Bundesamtes in Deutschland.

Ganz anders beim Alkohol. Hier gibt es deutlich weniger Sanktionen. Den Zeitungsberichten zufolge hat jeder fünfte Deutsche zwischen 18 und 64 Jahren ein Alkoholproblem, ist also mehr oder minder abhängig! In der Altersklasse darüber wird es kaum besser aussehen. Wie viele Menschen sind das? Das Statistische Bundesamt schätzt die Gesamtbevölkerung in Deutschland auf knapp 82 Millionen Menschen, in der Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen sind davon etwa 60 Millionen Menschen vertreten. Ein ernst zu nehmendes Alkoholproblem haben laut der Studie 20% ( jeder fünfte Deutsche), also 12 Millionen Menschen! Wow! Dazu kommen noch die Senioren ab 65. Unglaublich! Vergessen dürfen wir nicht die vielen Jugendlichen. Unfassbar!

Beim Alkohol ist es klar: Man kann direkt daran sterben und das ist nicht einmal selten der Fall. Ein Fünftel aller Todesfälle in der Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen gehe auf Alkoholgenuss oder -missbrauch zurück. Es sind nicht nur Leberkrebs, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die ja auch anders begründet oder von anderen Faktoren mitbeeinflusst werden können.

Man kann sich tatsächlich totsaufen! Man kann sich auch besoffen ans Steuer eines Autos setzen und einen Unfall wegen Fahruntüchtigkeit verursachen. Betrunkene Autofahrer reißen sich und andere in den Tod. Die anderen, die, die nicht getrunken hatten, die tot sind oder mit schweren Behinderungen überleben, werden sie eigentlich als Alkoholopfer in der Studie geführt? Und Kinder, die von betrunkenen Eltern geprügelt und misshandelt werden: Werden ihre kaputten Seelen dem Alkohol zugemessen?

Alkoholtrinken ist gesellschaftsfähig. Es ist hoch angesehen. Ja, oft ist Alkoholtrinken Pflicht! Als Teilnehmer eines Geschäftstermins, einer Feier oder einer Party kommt man meist nicht drumherum. Wer nicht trinkt, wer »Nein, danke!« sagt, der erntet Unverständnis, der wird nicht selten zum Spaßverderber degradiert, der schließt sich aus und wird ausgeschlossen. Das wird von früher Jugend an geübt. Und genau darin sehen wir das größte Problem.

Wir meinen: Egal! Schalten Sie Ihr Gehirn ein. Sagen Sie: »Nein, danke!«. Heldenhaft. Wir brauchen Helden des Alltags, die mit gutem Beispiel vorangehen.

Womöglich wird es Zeit, mit der gleichen Konsequenz gegen Alkoholtrinken vorzugehen wie gegen das Rauchen. Das Konzept hat sich beim Rauchen doch bewährt, heißt es. Rauchverbote wurden ausgesprochen, hohe Steuern auf Zigaretten gelegt, Aufdrucke mit Warnhinweisen auf den Zigarettenpackungen angebracht. Okay, trotz alledem rauchen etwa 29% der 18- bis 64-Jährigen. Aber immerhin! Die Gesellschaft beginnt, das Rauchen – und damit die Raucher! – zu ächten, und der Staat verdient an jedem Raucher. Viele Milliarden Euro Steuereinnahmen blasen ihm die Raucher in die Kasse.

Wird dieses Geld eigentlich im Gesundheitswesen investiert? Da gehört es hin, oder? Sozusagen als Risikobeitrag der Raucher in die gesetzlichen Krankenkassen für die Behandlung von Krankheiten, die durch Nikotinkonsum verstärkt werden. Es gab eine Zeit, da diente es der Inneren Sicherheit. Raucher finanzierten den Katastrophenschutz und die Terrorismusbekämpfung. Da waren die Raucher die stillen Helden der Nation.

Das alles geht doch auch mit Alkohol, oder nicht? Stellen Sie sich vor: eine Flasche Schnaps ab 50 Euro aufwärts! Es dürfen auch 60 sein – wir wollen da nicht kleinlich sein. Ein dicker Aufkleber vorne auf dem Etikett, einer hinten: »Alkohol zerstört Ihre Leber!« »Alkohol am Steuer kann Sie und Menschen in Ihrer Umgebung töten!« »Alkohol macht Sie fett und schwammig und lässt Ihre Haut altern!« »Alkohol führt zu Bluthochdruck und Impotenz!« »Alkohol vermindert Ihre Reaktionsfähigkeit und verändert Ihre Persönlichkeit!« Usw.

Es wird nicht passieren. Denn zu den 20% Alkoholikern gesellen sich fast 80%, die Alkohol dulden, in Maßen genießen oder selbst nur noch ein kleines Stück davon entfernt sind, als Alkoholiker in die Statistik zu springen. Sie möchten Alkohol nicht missen. Es macht eben keinen Spaß, mit Selters statt Sekt anzustoßen und sich in einer Kneipe einen Saft hinter die Binde zu kippen.

Nein, wir sind nicht grundsätzlich gegen Alkohol. Aber das Problem beginnt meist in der Kindheit oder in der frühen Jugend. Komasaufen, beispielsweise, ist unter jugendlichen weit verbreitet. Ein Indiz dafür, welchen Stellenwert Alkohol in der Altersgruppe der unter 18-Jährigen hat! Hohe Preise für alkoholische Getränke könnten hier womöglich präventiv wirken. Aber solange in der Gastronomie alkoholfreie Getränke teurer angeboten werden als alkoholhaltige, solange sind wir auf dem falschen Weg und solange fördern wir plakativ Alkoholmissbrauch.

Erziehen wir unsere Kinder zu Alkoholikern? Reden ist eins, Handeln etwas anderes. Ich werde mal drüber nachdenken.

Sabrina

Kategorien: Politik | Gesundheit

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