Tag der heiligen Dreifaltigkeit
Gottfried Arnold
(† 30. Mai 1714 in Perleberg)
Jeanne d’Arc
(† 30. Mai 1431 in Rouen [inoffiziell])
Dreifaltigkeitssonntag
Der Sonntag Trinitatis in den Jahren 2010 bis 2017
Verweise führen zu den Kalenderblättern des jeweiligen Datums:
Der Artikel zeigt Spruch, Psalm und Liedauswahl für die Woche sowie die Bibeltexte für Lesungen und Predigten nach der Kirchenordnung.
Abbildung: Glockenturm. Drei Glocken, ein Geläut.
Viele Kirchtürme besitzen im Glockenstuhl drei Glocken.
Foto: © Geschütztes Bildmaterial | copyrighted picture
Glockengeläut
Das »Te Deum« ist der Anfang eines alten, lateinischen Lobgesangs der christlichen Kirchen (»Te Deum laudamus«, »Dich, Gott, loben wir«). Es fand im 18. Jahrhundert eine moderne Umsetzung in dem bekannten Kirchenlied »Großer Gott, wir loben Dich«.
Unser kleiner Exkurs soll im Zusammenhang mit der Trinität nur zeigen, dass die Dreizahl ein beliebtes Motiv ist. Die Zahl Drei ist ein Symbol der Heiligkeit, nicht nur in der Trinität.
Bekannt sind beispielsweise die Heilige Dreiheit, die Hagia Trias, aus Gottes Geschichte mit Abraham (1Mos 18,1-15), in der Gott dem Abraham im Hain Mamre in Form dreier Männer erschien. Bekannt sind die Heiligen Drei Könige, die Heilige Familie (Joseph, Maria, Jesus), die dreimalige Verleugnung Jesu durch Petrus, usw.
Und so findet sich selbst in vielen Kirchtürmen, dort im Glockenstuhl, die Dreizahl in Form geweihter Glocken, von der manch eine der Trinität gewidmet ist.
Abbildung: Die Glocken der evangelischen Versöhnungskirche in Rüsselsheim / Haßloch-Nord
Sie erzeugen den Dreiklang fis/a/h des »Te Deum« Motivs
und verkünden dabei die auf ihnen geprägten christlichen Botschaften.
Foto von der Glockenweihe 1963
Foto: Pfr. R. Müller | Überarbeitung 2016 © Sabrina | Reiner | www.stilkunst.de | Lizenz CC BY-SA
Abbildung: Die erste Glocke der evangelischen Versöhnungskirche in Rüsselsheim / Haßloch-Nord
Text nach 2Kor 5,20b:
»LASST EUCH VERSÖHNEN MIT GOTT!«
Symbol: Kreuz mit Dornenkrone für den gekreuzigten Jesus, das Opfer zur Versöhnung mit Gott.
Abbildung: Die zweite Glocke der evangelischen Versöhnungskirche in Rüsselsheim / Haßloch-Nord
Text nach Lk 11,9:
»BITTET, SO WIRD EUCH GEGEBEN. SUCHET, SO WERDET IHR FINDEN. KLOPFET AN, SO WIRD EUCH AUFGETAN.«
Symbol: Herabfliegende Taube für den heiligen Geist, den empfängt, wer darum bittet.
Abbildung: Die dritte Glocke der evangelischen Versöhnungskirche in Rüsselsheim / Haßloch-Nord
Text (vermutlich; LK 24,6.34):
»CHRISTUS IST AUFERSTANDEN. ER IST WAHRLICH AUFERSTANDEN.«
Symbol: Das Christusmonogramm »XP« (gr.: chi-ro) für die beiden ersten Buchstaben im giechischen Wort Χριστός (Christus).
Das Trinitatisfest ist bis heute weitgehend unerforscht. Ursprung und Geschichte liegen im Dunkeln. Erst im Mittelalter gab es erste Messen, die der Trinität gewidmet waren. Noch 1179 erklärte Papst Alexander III. auf dem Laterankonzil, dass die Kirche kein besonderes Trinitatisfest feiere, weil jeder Gottesdienst der heiligen Trinität gelte. Doch bereits 1334 ordnete Papst Johannes XXII. an, das Trinitatisfest am Sonntag nach Pfingsten zu feiern. Nach und nach setze es sich allgemein in den Kalendern für diesen Tag durch.
Die Reformation hat das Trinitatisfest übernommen und sogar die folgenden 22 bis 27 Sonntage im Kirchenjahr als »Sonntage nach Trinitatis« gezählt, während sie in der katholischen Kirche »nach Pfingsten« gezählt werden.
Die Reformatoren bejahten die im Dogma der Trinität gemeinte Sache grundsätzlich und waren von der Unentbehrlichkeit der Trinitätslehre überzeugt, wenn auch unterschiedlich akzentuiert.
Wohl insbesondere die inhaltlich schwer verständliche und schwer zu führende Auseinandersetzung mit den verschiedenen christlichen Glaubensbekenntnissen (Apostolikum, Nicäno-Konstantinopolitanum und Athanasianum), die unterschiedliche Trinitätslehren in Bekenntnisform spiegeln, lies auch bei den Reformatoren das Interesse an einem besonderen Trinitatisfest sinken.
Heute besitzt das Trinitatisfest weder in der römisch-katholischen Kirche noch in den protestantischen Kirchen eine besondere Bedeutung. Im Evangelischen Kirchenjahr ist Trinitatis nicht mehr als ein Sonntag mit einem besonderen Marker, dem Ende der Pfingstzeit und dem Beginn der Trinitatiszeit, die in thematischer Abgrenzung zum Weihnachtskreis und zum Osterkreis steht.
Zwar wird immer wieder angeregt, dem Sonntag Trinitatis einen festlichen Charakter mitzugeben, doch fällt es wohl allen Beteiligten schwer, ein Fest zu verstehen und zu gestalten, das inhaltlich nicht greifbar ist.
Bis heute ist die Trinitätslehre theologisch und philosophisch umstritten. Dabei geht es in den Diskussionen keineswegs um Nebensächlichkeiten, sondern um die Interpretation grundlegender Thesen.
Der Sonntag Trinitatis ist der Tag der Heiligen Dreifaltigkeit, der Trinität Gottes . Der Begriff Trinität bezeichnet ein künstliches, theologisches Gedankenmodell, ein Konstrukt. In diesem Modell werden Gott-Vater (der Schöpfer), Gott-Sohn (Jesus Christus) und der Heilige Geist als eigenständige Personen gesehen, die jedoch identisch sind bzw. gemeinsam Gott ausmachen.
Wenn wir also von Gott reden, meinen wir Gott-Vater, den Schöpfer der Welt, den auch Jesus immer wieder als »Vater«, bezeichnet hatte, oder Jesus Christus, den Gottessohn, oder den Heiligen Geist, und doch gleichzeitig alle drei.
Dieses Modell ist nicht nur schwer verständlich, weil es sich jeder Lebenserfahrung entzieht, es ist auch umstritten, denn es resultiert aus einem Gelehrtenstreit, der im 4. Jahrhundert entbrannte, und der bis heute nachwirkt.
Dieser Streit wird heute längst nicht mehr mit der nötigen Schärfe fortgeführt, denn die Trinität wurde von der katholischen Kirche zum Dogma erhoben, zu einem Glaubensgrundsatz. Daher verbieten sich ernsthafte Zweifel an der Trinitätslehre aus den Kreisen der Theologen selbst.
Versucht werden dagegen immer wieder einmal Neuinterpretationen, die das Geheimnis der Trinität auflösen möchten. Vor allem evangelische Theologen bemühen sich, das Erbe der Trinitätslehre, das bereits von den Reformatoren unterschiedlich betrachtet wurde, mit neuen Interpretationen des göttlichen Seins auf neue Füße zu stellen, in der Absicht, es dadurch begreifbar zu machen. Doch das gelingt schwerlich, denn jede Interpretation führt neue Denkmuster ein und schafft neue, noch komplexere Strukturen in diesem Modell, die sich immer weiter von dem entfernen, was wir wirklich suchen: Gott.
Das Problem sehen wir nicht in der Interpretation der Inhalte, sondern darin, dass wir uns als Menschen mit der Trinitätslehre ermächtigen, die Existenz Gottes in einer bestimmten Weise festzulegen und ihm damit das Recht absprechen, das wir für uns selbst beanspruchen: Das Recht zum Wandel, zur Veränderung, zur Weiterentwicklung. Sind wir klüger als Gott? Können wir ihm seine Existenz vorschreiben, in dem wir bestimmen, wie Menschen ihn zu sehen haben? In dem wir festlegen, wie Menschen auf ihn zugehen sollen? Können wir ein Bild von ihm malen, wie in der Trinitätslehre geschehen, und behaupten, das – und nur das! –, sei Gott?
Die Trinitätslehre friert das Gottesbild, das wir heute von Gott haben, auf einen Zustand ein, der Jahrhunderte zurückliegt und nur dem Bild entspricht, das bestimmte Kirchenväter gezeichnet haben. Schon damals gab es andere Bilder. Dennoch hat sich dieses durchgesetzt im Theologenstreit.
Die Trinitätslehre macht dieses Bild unveränderlich. Das aber widerspricht vollständig der Erfahrung, die wir Menschen in der Beziehung mit Gott gemacht haben: Gott ist gerade nicht unveränderlich. Im Gegenteil. Er hat sich seit der Schöpfung immer wieder verändert. Und das ist gut so!
Gott ist keine Konstante. Wie wir uns verändern, so verändert sich Gott. In der Beziehung zwischen Gott und den Menschen spielte das von je her eine entscheidende Rolle. Dies ist auch heute und künftig ein wichtiges, unerlässliches Moment für eine beständige, gelebte Beziehung.
Auf die größte und bedeutsamste Veränderung Gottes bauen die Christen ihre Religion: Mit dem Sühnetod Jesu veränderte sich das Gottesbild schlagartig von einem herrschenden, strafenden zu einem liebenden, vergebenden Gott. Er herrschte nicht länger über uns, er übertrug uns Verantwortung. Er machte uns verantwortlich für uns selbst und für unsere Mitmenschen.
Er übertrug uns aber auch die Verantwortung dafür, ihn so zu nehmen, wie er ist – nämlich modern, fortschrittlich, wandlungsfähig, wie wir selbst! –, nicht, wie wir ihn gerne hätten.
Wir sind aufgefordert, aktiv unseren Part in der Beziehung der Menschen zu Gott mitzugestalten – nicht seinen Part! Er wird seinerseits alles tun, was nötig und sinnvoll ist – da sind wir uns sicher!
Das Verständnis, das wir von Gott haben, das Bild, das sich abzeichnet, ist eine Blaupause einer Momentaufnahme der Beziehung Gottes zu den Menschen. Diese Beziehung ist ein Prozess, der sich entwickelt, auch einmal abbricht, dann aber neu beginnt, mit einem neuen Anfang durchstartet (wie beispielsweise im Bund mit Noah, im Bund mit Mose, im Sühnetod Jesu), jedoch niemals endet. Es ist ein Prozess, der nicht zum Stillstand kommt und dem Stillstand zuwider ist.
Das Bild, das sich abzeichnet, unterliegt dem ständigen Wandel. Die Blaupause lebt! Das müssen theologische Modelle, die praktischen Wert und Nutzen in der praktizierten Religion haben sollen, bei allen Überlegungen miteinbeziehen und zulassen. Sie müssen aktiv dazu beitragen, den Wandel zum Wohl der Menschen zu gestalten.
Das evangelische Verständnis der Trinität, wie es Luther vermittelt hatte, ist der richtige Weg dahin: Die Trinität meint die Gemeinschaft von Gott, Jesus und Heiligem Geist, nicht die Dreieinigkeit dreier Personen in einer. Alle drei sind autark, alle drei unterliegen dem ständigen Wandel in der Beziehung zu uns und mit uns.
Dieses Bild zeichnet mit ausreichender Schärfe die Konturen nach, die uns die Bibel von Gott, Jesu und Heiligem Geist aufzeigt, ohne sie zu verwischen. Es ist klar genug im Sinne eines christlich-religiösen Verständnisses und bedarf keiner Korrekturen, die dem Bedürfnis eines menschlichen Ordnungssinns entspringen.
Dieses Bild schreibt Gott nicht vor, wie er zu sein hat. Wir erheben uns nicht über ihn. Gleichzeitig ist es eine gute, leicht vermittelbare und verständliche Basis für die Beziehung eines Christen zu Gott. Es kann es gelebt werden, es hält uns und Gott den Weg frei für jede künftige Entwicklung und für die Bedürfnisse derer, die nach uns kommen.
Thematisch stehen an den Sonntagen der Trinitatiszeit die Themen »Glaube« und »Gemeinde« im Vordergrund. Es geht also um die Fragestellungen, was Glauben ist, wie sich Glauben zeigt und auswirkt, wie die Gemeinde Glauben umsetzen und leben kann und wie Glauben die Gemeinde formt.
Dabei geht es primär nicht um die Verkündigung alter Geschichten, wenn sie auch die Grundlagen vieler Predigten sind. Es geht vor allem darum, Antworten zu finden auf die heutigen Fragen der Gemeinden und der Gemeindemitglieder. Es geht um die Fragen der Christen nach Gott in ihrer gelebten Gegenwart. Viele dieser Fragen sind für den Glauben des Einzelnen existenziell.
Es geht um die Beziehung zwischen Menschen und Gott im Alltag. Glauben heißt: diese Beziehung würdigen und pflegen! Glauben findet seine Erfüllung im praktischen Leben, im Alltag.
Doch wer die Beziehung pflegen möchte, sollte sein Gegenüber und sich selbst kennen. Wer oder was ist Gott? Wie gibt er sich zu erkennen? Was erwartet er? Was erwarte ich? Was darf ich erwarten und was nicht? Wo fühle ich mich im Stich gelassen? Kann er sich denn auch im Stich gelassen fühlen? – Ganz sicher gibt es weitere, nicht weniger spannende Fragen.
Nur dann, wenn solche Fragen beantwortet werden, kann auch die Frage gestellt werden: Wie wirkt sich die Beziehung zwischen Gott und Menschen in meinem Leben aus? – Nur dann ist Glauben möglich!
Interessant ist: Die Frage nach der Trinität Gottes spielt dabei keine Rolle. Warum nicht? Weil sie keine praktische Bedeutung im Alltag hat.
Der Gedanke (oder das Dogma) der Trinität kann bestenfalls Teil der Antwort sein auf die Frage, wer Gott ist. Die Antwort zu verstehen, fällt allerdings schwer. Warum? Weil sie keine praktische Bedeutung im Alltag hat.
Wer an Gott glaubt, kann es jederzeit formulieren. Auf völlig unterschiedliche Weisen.
Seit Jahrhunderten ist Glauben in ausformulierten Glaubensbekenntnissen ausgedrückt. Ein Glaubensbekenntnis (lat: Credo) ist das verbindende Element einer Glaubensgemeinschaft. Wer es auspricht, bekennt: Ich gehöre dazu! Wer es ausspricht, erklärt aber auch die Worte zu seinen eigenen Worten.
Heute wird der Sonntag Trinitatis gerne als Sonntag des Glaubensbekenntnisses verstanden, wie es im Apostolikum (das Apostolische Glaubensbekenntnis) vorliegt.
Das Apostolische Glaubensbekenntnis, bereits von Martin Luther bevorzugt, wahrt das Geheimnis der Trinität: Es bringt die Dreieinigkeit nicht unmittelbar zum Ausdruck. Es hält sich damit innerhalb der vagen Grenzen, die uns das Neue Testament vorgibt: Im Neuen Testament gibt es keine Trinitätslehre, wohl aber Gott (Vater), Sohn (Jesus Christus) und heiligen Geist.
Ich glaube an Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes , des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.
Amen.
Die Beziehungen zwischen Gott (dem Vater), dem Geist (dem heiligen Geist) und Jesus Christus (Sohn Gottes ) wurde bereits in den frühchristlichen Gemeinden diskutiert.
Die Evangelien und Briefe des neuen Testaments warfen eine ganze Reihe von Fragen auf, die nicht beantwortet werden konnten. Ein wesentlicher Stein des Anstoßes fand sich in der jüdischen Religion, formuliert im 1. Gebot:
Es kann nur einen geben!
Gott spricht: »Du sollst keine anderen Götter neben mir haben!«
Die christliche Religion stützte sich von Anfang an auf die jüdische Religion und brach mit ihr nur an den Stellen, wo sich Gesetzlichkeit über Glauben erhob, Strafe über Vergebung und Rache über Nächstenliebe. Sie brach nicht mit ihr im Glauben an diesen einen Gott, der Moses die Gebote diktierte.
Da tat sich ein Problem auf: Was ist mit Jesus Christus?
Ist er als Sohn Gottes nicht auch ein Gott? Nach antiker, nicht-jüdischer Vorstellung wurde er mindestens als ein Halbgott verstanden, der Sohn eines Gottes aus der Verbindung mit einer Menschenfrau.
Doch die Fragen gingen tiefer: Ist er es nicht, der anzubeten ist, gottgleich, wenn man mit Gott sprechen möchte? Gibt es nun, seit der Auferstehung Christi, neben Gott doch einen zweiten Gott? Wenn ja, gab es ihn nicht schon vorher, von Anbeginn an? Ist seine Menschwerdung nicht als kleines Intermezzo in seinem göttlichen Dasein zu verstehn? War Christus schon zugegen, als Moses die Zehn Gebote erhielt? Und: Wenn ja, warum hatte Gott dies alles so lange verschwiegen?
Ähnliche Fragen stellten sich zum heiligen Geist, der praktisch personifiziert daherkommt, denn er handelt, und dies scheinbar eigenständig: Er kann Besitz ergreifen, in Menschen eindringen, sie anleiten, führen und ihre Worte beeinflussen. Ist der heilige Geist etwa ein göttliches Wesen, wenn auch anders beschaffen als Gott oder Jesus, aber doch ein dritter Gott?
Die Bibel gibt auf diese Fragen keine Antworten.
So entwickelten sich unterschiedliche Auffassungen davon, ob Jesus der Mensch Jesus war (der Menschensohn), von einem göttlichen Geist inspiriert und erfüllt, ob er unmittelbar ein Sohn Gottes war (Sohn von Gott, dem Vater), ob er ein göttliches Geisteswesen in Menschengestalt war, oder ob er Gott selbst war, der sich in personifizierter Gestalt zeigt (Inkarnation, Menschwerdung Gottes ).
Das zeitgleiche Nebeneinander von Gott-Vater, Geist und Gott-Sohn in den Schriften führte schließlich zu Konstrukten, die diese drei als drei eigenständige Personen oder als unterschiedliche Erscheinungsformen ein und desselben Wesens – Gott – zu erklären versuchten.
Doch alle Sichtweisen warfen mehr Fragen auf, als sie beantworteten. Konnte es mehrere Götter geben? Wenn Jesus Gott war, wie sind dann seine Gebete zu verstehen, die er an Gott richtete? Kann der Heilige Geist als Person sich gleichzeitig über alle Jünger ergießen, wie am Pfingsttag geschehen? War das, was die Jünger erfüllte, Gott? War es Jesus?
Insbesondere die Fragen nach dem EINEN Gott, der sich im Glauben zeigt, sowie nach den DREI personifizierten Wesen, wie sie sich in den biblischen Texten zeigen, blieb strittig. Ebenso war unklar, ob sich eine Rangordnung oder eine Abstammung abzeichnen muss, die sich in der Beziehung der Menschen zu Gott wiederfinden lässt und dort bedeutsam ist. Zu wem solle man beten? Zu Gott, dem Vater? Zu Jesus, den Menschensohn? Zu Christus, dem Sohn Gottes ? Zu Gott im Namen Jesu Christi? Zum Heiligen Geist? Zu allen, oder nur zu einem?
Es ging dabei nicht nur um die Fragen, wie sich Gott den Menschen zeigt in verschiedenen Gestalten und Weisen, oder wie wir uns Gott vorstellen können und dürfen aufgrund der Erfahrungen und Berichte, wie sie in den biblischen Texten erzählt sind. Es ging um die Grundsatzfrage, wer oder was Gott IST. Eine Frage, die zu beantworten nicht möglich ist. Dennoch gipfelten alle Überlegungen darin, Gott für das Christentum verbindlich eine Gestalt zu geben, unabhängig davon, wer oder was Gott wirklich ist.
Schließlich setzte sich Augustin (354 bis 430 n. Chr.) durch. Im wird die folgende Formulierung zugeschrieben:
Der Vater ist von niemanden gemacht, weder geschaffen noch erzeugt.
Der Sohn ist vom Vater allein, nicht geworden noch geschaffen, sondern gezeugt.
Der Heilige Geist ist vom Vater und vom Sohn, nicht geworden noch geschaffen noch gezeugt, sondern hervorgehend.
Es ist also ein Vater, nicht drei Väter, ein Sohn, nicht drei Söhne, ein Heiliger Geist, nicht drei Heilige Geister.
Ein schwieriger Text! Er zeigt, wie sehr sich Augustin, seine Vorläufer und seine Zeitgenossen in den Thesen verstrickt hatten. Offensichtlich versuchten einige auch, das Problem mathematisch zu lösen. Der Text macht immerhin klar, dass in der Trinitätslehre Vater, Sohn und Heilger Geist nicht im mathematischen Sinn identisch sind. Ihre Bezeichnungen sind keinesfalls austauschbar.
Soweit so gut. Der Rest ist schwierig, wie das vollständige Athanasianum zeigt (s. u.). Denn trotzdem sind alle drei eins und jeder einzelne ist zugleich alles. Es gibt in unserem Lebensumfeld kein einziges Beispiel, das diesem Konstrukt entspräche, und helfen könnte, das Modell zu verstehen.
Anders als Augustin sind wir überzeugt: Auch Gott ist ein Geschöpf, auch er ist irgendwann geschaffen oder gezeugt worden. Die Tatsache, dass wir seinen Anfang, seine Entstehung nicht kennen und nicht rational erfassen können, bedeutet nicht, dass es keinen Anfang gab.
Wir sind ebenso davon überzeugt, dass Jesus der Sohn der Maria war und somit nicht allein von Gott gezeugt wurde. Andernfalls bliebe die gesamte Geburtsgeschichte unverständlich und bedeutungslos. Gott hätte – wäre keine wirkliche Mutter nötig gewesen! –, seine Inkarnation, seine Menschwerdung, sehr viel einfacher aus dem Nichts heraus, aus einem Stein oder einem Busch vollziehen können, ohne sein Reifen und Erwachsenwerden als Mensch abwarten zu müssen.
Nach Augustin wurde Christus also von Gott gezeugt. Aus beiden gemeinsam, aus dem Vater und dem Sohn, ging der heilige Geist als Person hervor.
Ignoriert wird dafür die biblische Verwendung des Begriffs: Geist! – eine Kraft, aber eben nicht als Person zu denken. Sie besitzt eine unbekannte Größe und nicht näher definierbare Eigenschaften. Deshalb wird sie heiliger Geist genannt. Das meint: göttliche Kraft, in Abgrenzung zur irdischen Kraft, in Abgrenzung zum menschlichen Geist, der uns alle beseelt. Der heilige Geist ist keine Person! Er ist eine Kraft, die der göttlichen Macht entspringt. Nur so sind die biblischen Geschichten verständlich.
In der Trintätslehre allerdings werden Gott, Jesus und der heilige Geist als drei Personen verstanden, die gemeinsam im Glauben eine untrennbare Einheit ergeben sollen: Gott.
Augustins Sichtweise steckt voller Geheimnisse, die nicht erklärbar sind, aber sie fand Einzug in das sog. Athanasianum, einem Glaubensbekenntnis der alten Kirche, das zwar auf Athanasius dem Großen (298 bis 373) zurückgeführt wird, wohl aber erst um 500 n. Chr. in Spanien oder Südgallien entstanden ist.
Das Athanasianum enthält in Form eines Glaubensbekenntnisses in aller Ausführlichkeit die Ergebnisse der Trinitätslehre der Kirchenväter. Wir geben das Athanasianum deshalb – jedoch nur als Lehrstück der Trinitätslehre, nicht als Glaubensbekenntnis! – an dieser Stelle in deutscher Sprache wieder (entnommen dem zugehörigen Artikel aus Wikipedia):
Jeder, der da selig werden will,
der muss vor allem den katholischen Glauben festhalten.
Jeder, der diesen nicht unversehrt und unverletzt bewahrt,
wird ohne Zweifel auf ewig verloren gehen.
Dies aber ist der katholische Glaube:
Wir verehren den einen Gott in der Dreifaltigkeit
und die Dreifaltigkeit in der Einheit,
ohne Vermischung der Personen
und ohne Trennung der Wesenheit.
Denn eine Person ist die des Vaters, eine andere die des Sohnes;
eine andere die des Heiligen Geistes.
Aber der Vater und der Sohn und der Heilige Geist haben nur eine Gottheit,
die gleiche Herrlichkeit, gleichewige Majestät.
Wie der Vater ist, so ist der Sohn
und so der Heilige Geist:
Ungeschaffen der Vater, ungeschaffen der Sohn,
ungeschaffen der Heilige Geist.
Unermesslich der Vater, unermesslich der Sohn,
unermesslich der Heilige Geist.
Ewig der Vater, ewig der Sohn,
ewig der Heilige Geist.
Und doch sind es nicht drei Ewige,
sondern ein Ewiger,
wie es auch nicht drei Ungeschaffene oder drei Unermessliche sind,
sondern ein Ungeschaffener und ein Unermesslicher.
Ebenso ist allmächtig der Vater, allmächtig der Sohn,
allmächtig der Heilige Geist.
Und doch sind es nicht drei Allmächtige,
sondern ein Allmächtiger.
So ist der Vater Gott, der Sohn Gott,
der Heilige Geist Gott.
Und doch sind es nicht drei Götter,
sondern ein Gott.
So ist der Vater Herr, der Sohn Herr,
der Heilige Geist Herr.
Und doch sind es nicht drei Herren,
sondern ein Herr.
Denn wie uns die christliche Wahrheit zwingt, jede Person einzeln für sich als Gott und als Herrn zu bekennen, so verbietet uns der allgemeine Glaube, von drei Göttern oder Herren zu sprechen.
Der Vater ist von niemandem gemacht,
weder geschaffen noch gezeugt.
Der Sohn ist vom Vater allein,
nicht geworden noch geschaffen, sondern gezeugt.
Der Heilige Geist ist vom Vater und vom Sohn,
nicht geworden noch geschaffen noch gezeugt, sondern hervorgehend.
Es ist also ein Vater, nicht drei Väter,
ein Sohn, nicht drei Söhne,
ein Heiliger Geist, nicht drei Heilige Geister.
Und in dieser Dreifaltigkeit ist nichts früher oder später,
nichts größer oder kleiner,
sondern alle drei Personen sind einander gleichewig und gleichrangig,
so dass in allem, wie bereits oben gesagt worden ist,
die Dreifaltigkeit in der Einheit
und die Einheit in der Dreifaltigkeit zu verehren ist.
Wer also selig werden will,
soll diese Auffassung von der Dreifaltigkeit haben.
Aber zum ewigen Heil ist es [ferner] nötig,
auch an die Fleischwerdung unseres Herrn Jesus Christus aufrichtig zu glauben.
Der richtige Glaube ist nun dieser: Wir glauben und bekennen,
dass unser Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes ,
Gott und Mensch ist.
Gott ist er aus der Wesenheit des Vaters, vor den Zeiten gezeugt,
und Mensch ist er aus der Wesenheit der Mutter, in der Zeit geboren.
Vollkommener Gott, vollkommener Mensch,
bestehend aus einer vernünftigen Seele und menschlichem Fleisch.
Dem Vater gleich der Gottheit nach,
geringer als der Vater der Menschheit nach.
Doch obwohl er Gott und Mensch ist,
sind es nicht zwei, sondern ein Christus.
Einer aber nicht dadurch, dass die Gottheit in Fleisch verwandelt worden wäre,
sondern dadurch dass Gott die Menschheit angenommen hat.
Er ist ganz und gar einer nicht durch eine Vermischung der Wesenheit,
sondern durch die Einheit der Person.
Denn wie vernünftige Seele und Fleisch einen Menschen ergeben,
so ergeben Gott und Mensch einen Christus,
Er hat gelitten um unseres Heils willen, ist herabgestiegen zur Unterwelt,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
Er ist aufgestiegen zum Himmel, er sitzt zur Rechten des Vaters,
von wo er kommen wird, um die Lebenden und die Toten zu richten.
Bei seiner Ankunft werden alle Menschen mit ihren Leibern auferstehen
und über ihre Taten Rechenschaft ablegen.
Und die Gutes getan haben, werden ins ewige Leben eingehen,
die hingegen Böses [getan haben], in das ewige Feuer.
Dies ist der katholische Glaube.
Jeder, der ihn nicht aufrichtig und fest glaubt,
kann nicht selig werden.
Quelle: Wikipedia.de | Artikel: Athanasisches Glaubensbekenntnis | Creative Commons CC BY-SA
Das Athanasianum ist gut geeignet, um einen Einblick in die Trinitätslehre der Kirchenväter zu bekommen. Es zeigt, wie sehr sie mit Worten rangen, um das Gottesbild, das sie schmiedeten und in sich trugen, verständlich zu kommunizieren.
Das Athanasianum versucht, die Unterschiede mit einem einzigen Gottesbild aufzuzeigen, die sich in der gegenständlichen Wahrnehmung unserer realen Welt als drei Personen und im Glauben als ein Gott ausdrücken.
Die einleitenden Worte beeindrucken: Der Absolutheitsanspruch der Glaubenslehre des Athanasianums für das Christenleben wird in aller Schärfe mit einer deutlichen Androhungen von Folgen für Leib und Leben untermauert! Wer wollte da noch Zweifel äußern?
Wer heute hinter das Fest Trinitatis blicken möchte und verstehen will, was es mit der Dreieinigkeit, der Dreifaltigkeit, der Trinität kirchengeschichtlich auf sich hat, sollte sich das Athanasianum einmal durchlesen. Um mehr geht es darin nicht. Vor allem ist es nicht dafür geeignet, heutigen Christen Gott nahezubringen.
Auch unter den Reformatoren gab es Verfechter des Athanasianums, die bemüht waren, viel stärker als Martin Luther es tat, die Trinitätslehre in die kirchliche Praxis zu überführen. Doch Luther sah keinen praktischen Nutzen für Christen darin. Sein Gottesbild war geprägt von der Gemeinschaft des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes, die hinreichend die Beziehung Gottes zu den Menschen bestimmt.
Wir sind nicht davon überzeugt, dass dem Athanasianum ein Platz im protestantischen Glauben gehört, wenn es auch immer wieder gerne in evangelische Gottesdienste zum Sonntag Trinitatis integriert wird.
Als Lehrstück für die Trinitätslehre der Kirchenväter: im Gottesdienst nur bedingt einsetzbar! Als Glaubensbekenntnis: nicht verwendbar! Als Lehrstück für gelebten christlichen Glauben, das sich an heutige Christen richtet: nicht geeignet!
Einfach weglassen! Nicht im Gottesdienst platzieren! Die Pfarrer haben sonst die Herausforderung anzunehmen, sich und die Gemeinde abzugrenzen von abstrakten Gottesbildern, die kaum verständlich sind, kaum vermittelt werden können, einem historisch fremden Kontext entsprangen und dem christlichem Leben der Gemeinde oder des Einzelnen in unserer Zeit ganz sicher kaum dienlich sind.
Der evangelische Glauben findet hinreichend Ausdruck im Apostolischen Glaubensbekenntnis. Daneben genügt es vollständig, dass der christliche Glaube die Gemeinschaft des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes bekennt. Genügt.
Doch wenn wir von Gott sprechen, sind keineswegs in selbstverständlicher Weise alle drei gemeint, Gott, Jesus und heiliger Geist. Die Gemeinsamkeit, die ihre Gemeinschaft begründet, ist die Göttlichkeit.
Alles darüber hinaus entbehrt biblischer, vor allem neutestamentlicher Grundlagen. Das neue Testament kennt die Trinität nicht. Es sind späte, vielfach modifizierte theologisch-philosophische Gedankenmodelle. Sie sind wegen der kompliziert zu denkenden und vorauszusetzenden Strukturen viel zu abstrakt für religiöse Zwecke. Sie sind wegen der geradezu waghalsig konstruierten Gottesbilder darin viel zu umstritten und sie bieten viel zu viel Raum für Interpretationen von Wörtern, Begriffen und Denkmustern, um irgendeinen Sinn, eine Bedeutung oder einen Nutzen für praktizierende Christen daraus zu gewinnen.
Es genügt, wenn wir bekennen:
Ich glaube an Gott, den Vater. Und an Jesus Christus. Und an den Heiligen Geist.
In diesem Glaubenssatz spielen übrigens nicht Gott-Vater, Jesus Christus und der Heilige Geist die tragende Rolle, sondern die zwei kleinen einleitenden Wörter: Ich glaube.
»Ich«, »wir«, – das sind diejenigen, um die es Gott geht. Er ist uns nahe, völlig unabhängig davon, wie wir über ihn denken und welche Bilder wir für uns von ihm schaffen. Wenn wir das verstanden haben, dann werden wir feststellen, dass wir uns um Gott keine Sorgen machen brauchen. Nur um uns und um unsere Mitmenschen.
Das Wort »glaube« beschreibt dann unmittelbar die Beziehung, in der wir zu Gott, Jesus und heiligem Geist stehen. Es beschreibt die Basis unserer Zuwendung, es ist Ausdruck der Verbindlichkeit und es bekennt: Ich lege auf diese Beziehung wert! Sie ist mir wichtig! Ich gehöre dazu!
Dies ist dann auch die Botschaft im evangelischen Sinn, die dem Sonntag Trinitatis zusteht, und die von der Gemeinde und allen gläubigen Christen mit aller gebotenen Festlichkeit betont werden möge:
Und aus diesem Glauben heraus handle ich.
Genügt.
Beten! – Was riskieren wir schon dabei? Nichts. Was kostet es uns, außer einigen Minuten Zeit, die wir vermutlich anderweitig kaum besser genutzt hätten?
Ein Workshop zum Thema Beten
Die beweglichen Feiertage im Jahreslauf hängen ab vom Osterdatum. Der Artikel erläutert, wie sich das Osterdatum berechnet und nennt die aktuellen Daten der Feiertage.