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Altkirchliche Ordnung
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Lied | Nr. 77 [EG 102] |
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nach den altkirchlichen Leseordnungen
Der Sonntag Quasimodogeniti in den Kirchenjahren 1799/1800 bis 1806/1807
Verweise führen zu den Kalenderblättern des jeweiligen Datums:
Allgemeine Informationen und Gedanken zu diesem Tag
finden Sie in diesem Artikel:
Das lateinische »Quasi modo geniti infantes« bedeutet: »Wie neugeborene Kinder«. Rückkehr und Besinnung sind die Themen dieses Sonntags.
quasi: als ob, gleichsam
modo: gerade erst
geniti: erzeugt, gezeugt
quasi modo geniti: gleichsam gerade erst gezeugter / wie neugeborene
quasi modo geniti infantes: Wie neugeborene Kinder
Der Name Quasimodogeniti geht zurück auf die vorreformatorische Zeit und leitet sich ab von den ersten Worten des lateinischen Introitus (Messeingang) der römisch-katholischen Messe für diesen Sonntag:
»Quasi modo geniti infantes, halleluja, rationabile sine dolo lac concupiscite, halleluja.«,
»Wie neugeborene Kinder, Halleluja, verlangt nach der vernünftigen, unverfälschten Milch, Halleluja.«.
Dieser Name hat sich in den evangelischen Kirchen für den 1. Sonntag nach Ostern bis heute erhalten.
Biblisch stützt sich die Bezeichnung Quasimodogeniti auf den Text 1. Petr 2,2.
Hier der Text 1. Petr 2,1-3 aus der lateinischen Biblia Sacra Vulgata (die statt »quasi« das lateinische Wort »sicut« verwendet) und
aus Luthers Biblia von 1545:
21 deponentes igitur omnem malitiam et omnem dolum et simulationes et invidias et omnes detractiones 2 sicut modo geniti infantes rationale sine dolo lac concupiscite ut in eo crescatis in salutem 3 si gustastis quoniam dulcis Dominus
sicut: wie, gleich wie
sicut modo geniti infantes: Wie neugeborene Kinder
21 SO leget nu ab alle bosheit vnd allen betrug / vnd heucheley vnd neid / vnd alles affterreden / 2 Vnd ſeid girig nach der vernünfftigen lautern Milch / als die jtzt gebornen Kindlin / Auff das jr durch die ſelbigen zunemet. 3 So jr anders geſchmackt habt / das der HERr freundlich ist /
Der Sonntag Quasimodogeniti trug diesen Namen bereits im Mittelalter: Dominica quasimodogeniti, wobei das lateinische Wort »Dominica« Sonntag bedeutet. (Genauer: »Tag des Herrn« als christliche Bezeichnung zur Unterscheidung vom profanen römischen Namen »Dies solis«, Tag der Sonne, Sonn(en)tag.)
Andere Bezeichnungen für den ersten Sonntag nach Ostern waren u. a:
Die lateinische Bezeichnung bedeutet Sonntag der Osteroktave, also der Sonntag am achten Tag nach Ostern
Die lateinische Bezeichnung bedeutet in etwa: Sonntag der Messe des Herrn mit Halleluja.
Am Sonntag Septuagesimae (Circumdederunt) ertönte in der Messe letztmals das Halleluja. Danach begann eine Zeit, in der das Halleluja in allen Messen untersagt war. Der Sonntag nach Ostern war der erste, in dessen Messe wieder das Halleluja angestimmt wurde (nach einer Bestimmung des Papstes Alexander II. von 1073).
Unsere Kalender verwenden die vorreformatorischen Bezeichnungen bis zum Jahr 1530 (Verlesung der Confessio Augustana, des Augsburgischen Bekenntnisses).
nach der altkirchlichen Leseordnung
allgemein seit der Reformation mindestens bis zum Kirchenjahr 1897/1898 in Gebrauch
( nach dem Evangeliumstext Joh 20,19-31 )
Lesung | Predigttext | Text |
---|---|---|
Evangelium | im Hauptgottesdienst | ![]() |
Epistel | im zweiten Gottesdienst | ![]() |
Erläuterungen zu den Perikopen
Mit der Reformation änderte sich die Bedeutung der Lesungen und der Predigt im Gottesdienst grundlegend. Gab es vorher keine oder nur eine sehr lose Bindung der Perikopen an die Messe, so war für Luther nun regelmäßig die Evangelienperikope Grundlage der Predigt im sonntäglichen Hauptgottesdienst (vormittags), an diesem Tag also Joh 20,19-31.
Im Fokus der Predigt stand jetzt als Teil der Verkündigung die Auslegung des Evangeliums.
Die Epistelperikope war als Predigttext empfohlen für den Gebrauch im Gottesdienst am Nachmittag bzw. Abend (siehe dazu auch Luthers Schrift Von der Ordnung des Gottesdienstes in der Gemeinde, 1523, Über den Sonntagsgottesdienst).
Die Reihe der Epistelperikopen enthielt (anders als heute) auch Texte aus dem Alten Testament. Es gab keine spezielle Reihe für Lesungen aus dem Alten Testament.
Doch die Pfarrer und Prediger waren zunächst nicht nur frei darin, einen biblischen Text für die Predigt zu wählen, sondern geradezu aufgefordert, die Predigt an den Bedürfnissen der Gemeinde und an der geübten Praxis auszurichten.
In den meisten Kirchen wurden nahezu täglich Gottesdienste geboten (die in unseren Kalendern z. Z. nicht abgebildet sind). An Sonn- und Feiertagen konnten gleich mehrere Gottesdienste und Messen stattfinden. Hier entwickelten sich Leseempfehlungen für jeden Wochentag, in Summe also für jeden Tag des Kirchenjahres.
Von Bedeutung war auch die protestantische Ausrichtung der Gebietskirche: lutherisch, reformiert (calvinistisch) und uniert. Unterschiede zeigten sich in der Liturgie und damit im Verständnis der Predigt als Teil der Verkündigung.
Luthers allgemeinen Empfehlungen in seinen Schriften folgten etwa ab 1560 vereinzelt Ansätze, eine gewisse verbindliche Textordnung für Pfarrer und Gemeinden zu gestalten. Dies geschah jedoch zaghaft und zögerlich angesichts der bestehenden Meinungsvielfalt und angesichts der Lage der Entscheidungshoheit, die nicht in der Kirche, sondern beim Landesfürsten angesiedelt war. Zunächst gab es auch keinen hinreichenden Bedarf für neue Regelungen: Gottesdienst war selbstverständlich und die Bevölkerung nahm rege teil. Doch spätestens im Zeitalter der Aufklärung, als ein deutlicher Rückgang christlichen Engagements in der Bevölkerung zu erkennen war, die Zahl der Gottesdienstbesucher stetig abnahm und etliche unterwöchige Gottesdienste und Messen gestrichen wurden, trat die Notwendigkeit deutlich hervor, das Gottesdienstverständnis und die Gottesdienste des Kirchenjahres zu überdenken.
Dies führte vielfach schon früh und speziell im 19. Jahrhundert zu zahlreichen unterschiedlichen Durchführungen, Vorschlägen und Erprobungen, bis sich 1896 die Eisenacher Konferenz als reichsweite Konferenz der deutschen Landeskirchen mit der Idee einer allgemein gültigen Textordnung beschäftigte und schließlich eine Perikopenordnung beschloss, die ab 1898/1899 allen evangelischen Landeskirchen zur Umsetzung empfohlen wurde.
Es ist derzeit an dieser Stelle nicht möglich, für die Jahre 1530/1531 bis 1898/1899 Textordnungen darzustellen, die über die altkirchlichen Perikopen für die Lesungen und Predigten hinaus gehen. Wir sind uns dabei bewusst, dass diese Perikopen regional und zeitlich begrenzt keine Bedeutung hatten.
Sonntag Quasimodogeniti
Texte nach der Lutherbibel von 1545 gesetzt nach der Vorlage des Originals in Frakturschrift mit Luthers Scholion und Verweisen in den Marginalspalten. Ergänzt um Verszählung und Abschnittsüberschriften.
LESUNG UND PREDIGTTEXT
Evangelium
Evangelium nach Johannes
Joh 20,19-31
Text hören:
Sprecher: R. Makohl | Musik: ©Bluevalley, J.S. Bach
Das Verzeichnis der Hörbuch-Videos mit den Lesungen des Evangeliums finden Sie hier:
↦ Video-Hörbuch
Euangelium
S. Johannes.
C. XX.
Luc. 24.
AM abend aber deſſelbigen Sabbaths / da die Jünger verſamlet vnd die thür verſchloſſen waren / aus furcht fur den Jüden / kam Jheſus / vnd trat mitten ein / vnd ſpricht zu jnen / Friede ſey mit euch. 20Vnd als er das ſaget / zeiget er jnen die Hende / vnd ſeine Seite. Da wurden die Jünger fro / das ſie den HErrn ſahen.
21Da ſprach Jheſus abermal zu jnen. Friede ſey mit euch. Gleich wie mich der Vater geſand hat / So ſende ich euch. 22Vnd da er das ſaget / blies er ſie an / vnd ſpricht zu jnen / Nemet hin den heiligen Geiſt / 23Welchen jr die ſünde erlaſſet / den ſind ſie erlaſſen / Vnd welchen jr ſie behaltet / den ſind ſie behalten.
Verse 24 - 29
THomas aber der Zwelffen einer / der da heiſſet Zwilling / war nicht bey den Jüngern / da Jheſus kam. 25Da ſagten die andern Jünger zu jm / Wir haben den HErrn geſehen. Er aber ſprach zu jnen / Es ſey denn / das ich in ſeinen Henden ſehe die Negelmal / vnd lege meinen Finger in die Negelmal / vnd lege meine Hand in ſeine Seiten / wil ichs nicht gleuben.
VND vber acht tage / waren aber mal ſeine Jünger drinnen / vnd Thomas mit jnen. Kompt Jheſus / da die thür verſchloſſen waren / vnd trit mitten ein / vnd ſpricht / Friede ſey mit euch.27Darnach ſpricht er zu Thoma / Reiche deinen Finger her / vnd ſihe meine Hende / vnd reiche deine Hand her / vnd lege ſie in meine Seiten / vnd ſey nicht vngleubig / ſondern gleubig. 28Thomas antwortet / vnd ſprach zu jm / Mein HErr vnd mein Gott.29Spricht Jheſus zu jm / Dieweil du mich geſehen haſt Thoma / ſo gleubeſtu / Selig ſind / die nicht ſehen / vnd doch gleuben.
30AVch viel andere Zeichen thet Jheſus fur ſeinen Jüngern / die nicht geſchrieben ſind in dieſem Buch. 31Dieſe aber ſind geſchrieben / Das jr gleubet / Jheſus ſey Chriſt / der Son Gottes / Vnd das jr durch den glauben das Leben habet / in ſeinem Namen.
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LESUNG UND ZWEITER PREDIGTTEXT
Epistel
Erster Brief des Johannes
1Joh 5,4-10
REIHE
EP
Die erſte Epiſtel
S. Johánnis.
C. V.
Aus dem Abschnitt:
Verse 1 - 5
Johannes schreibt:
Alles was von Gott geborn iſt / vberwindet die Welt / vnd vnſer Glaube iſt der Sieg / der die welt vberwunden hat.5Wer iſt aber der die Welt vberwindet / on der da gleubet / Das Jheſus Gottes Son iſt? 6Dieſer iſts / der da kompt / mit Waſſer vnd blut / Jheſus Chriſtus / Nicht mit waſſer alleine / ſondern mit waſſer vnd blut. Vnd der Geiſt iſts / der da zeuget / das Geiſt warheit iſt. 7Denn drey ſind die da zeugen auff Erden / Der Geiſt vnd das Waſſer / vnd das Blut / 8vnd a die drey ſind beyſamen.
9SO wir der Menſchen zeugnis annemen / So iſt Gottes zeugnis gröſſer / Denn Gottes zeugnis iſt das / das er gezeuget hat von ſeinem Son. 10Wer da gleubet an den Son Gottes / der hat ſolchs zeugnis bey jm. Wer Gotte nicht gleubet / der macht jn zum Lügener / denn er gleubet nicht dem Zeugnis / das Gott zeuget von ſeinem Son.
(Geiſt iſt Warheit) Wo der Geiſt iſt / da iſt kein heucheley / ſondern es iſt alles rechtſchaffen vnd warhafftig mit jm / was er redet / thut / lebet. Wo nicht Geiſt iſt / da iſt heucheley vnd lügen.
a
(Die drey ſind beyſamen) Das iſt / wo eins iſt / da iſt auch das ander. Denn Chriſtus Blut die Tauffe / vnd der heilige Geiſt bezeugen / bekennen vnd predigen das Euangelium fur der welt vnd in eines jglichen Gewiſſen / der da gleubet / Denn er fület das er durchs Waſſer vnd Geiſt / mit Chriſtus Blut erworben / gerecht vnd ſelig wird.
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Das Video zeigt aus der Lutherbibel von 1545 die Texte der Geschehnisse nach der Auferstehung Jesu und des Abschlusses des Evangeliums, vorgelesen von Reiner Makohl.
»Frewet euch mit den Frölichen /
vnd weinet mit den Weinenden.
Habt mit allen Menſchen Friede.«
Der Rückblick auf die Perikopenordnungen vergangener Jahrhunderte zeigt auf, wie sich die Verwendung der biblischen Texte in evangelischen Gottesdiensten im Laufe der Zeit veränderte.
Wir beschränken uns in den weit zurückliegenden Jahren auf Perikopenordnungen, die überwiegend in Gebrauch waren.
Durch die neue Ordnung für die Verwendung von Sprüchen, Psalmen, Bibeltexten und Liedern in Gottesdiensten sind die alten Ordnungen zwar liturgisch überholt, aber inhaltlich deswegen keineswegs falsch.
Wir möchten Sie daher ermuntern, die in alter Zeit verwendeten Perikopen zu betrachten. Nur so können Sie ergründen, ob das, worauf sich Pfarrer vor Hunderten von Jahren in Gottesdienst und Predigt stützten, auch noch heute aktuell ist. Aktuell für Sie ganz persönlich.
Der Text aus der Lutherbibel ist auf unseren Seiten in Anlehnung an das Druckbild des Originals von 1545 wiedergegeben.
Den Seitenaufbau, die verwendeten Schriften, die Schreibregeln der Frakturschrift und Luthers Intentionen, mit der Typografie Lesehilfen bereitzustellen, erläutert dem interessierten Leser unser Artikel »Satz und Typografie der Lutherbibel von 1545«.
Das lateinische »Quasi modo geniti infantes« bedeutet: »Wie neugeborene Kinder«. Rückkehr und Besinnung sind die Themen dieses Sonntags.
Die beweglichen Feiertage im Jahreslauf hängen ab vom Osterdatum. Der Artikel erläutert, wie sich das Osterdatum berechnet und nennt die aktuellen Daten der Feiertage.