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Altkirchliche Ordnung
Evangelium | Lk 18,31-43 |
Epistel | 1Kor 13,1-13 |
Lied | Nr. 252 [EG 384] |
Gottesdienstordnung |
Der Sonntag Quinquagesimä in den Kirchenjahren 1729/1730 bis 1736/1737
Verweise führen zu den Kalenderblättern des jeweiligen Datums:
esse: sein; esto: sei!
mihi: mir
esto mihi: sei mir!
Der Name Estomihi geht zurück auf die vorreformatorische Zeit und leitet sich ab von den ersten Worten des lateinischen Introitus der römisch-katholischen Messe für diesen Sonntag (»esto mihi in lapidem fortissimum et in domum munitam ut salves me«). Er hat sich sich in den evangelischen Kirchen als Bezeichnung für den Sonntag vor der Passionszeit bis heute erhalten.
Biblisch stützt sich die Bezeichnung Estomihi auf die ersten Worte in Psalm 31,3b (das ist in der lateinischen Biblia Sacra Vulgata der Psalm 30,3).
Hier der Text aus der lateinischen Biblia Sacra Vulgata (Ps 30,3; Text nach H) und aus Luthers Biblia von 1545 ( Ps 31,3):
30 3a inclina ad me aurem tuam velociter libera me 3b esto mihi in lapidem fortissimum et in domum munitam ut salves me
313a Neige deine Ohren zu mir / eilend hilff mir / 3b Sey mir ein ſtarcker Fels vnd eine Burg / das du mir helffeſt.
Der Sonntag vor der Passionszeit, Estomihi, trägt in Anlehnung an die beiden Sonntage davor (Septuagesimae und Sexagesimae) auch die Bezeichnung Quinquagesimae (lat. quinquagesima: fünfzig). Dieser Name zeigt an, dass die Osterwoche am 50. Tag ab diesem Sonntag beginnt (Ostersonntag).
Der Name benennt somit die Zahl der Tage ab diesem Sonntag bis zum Beginn des (mittelalterlichen) Triduum Paschale, der drei österlichen Festtage 1. Ostertag (Ostersonntag), 2. Ostertag (Ostermontag) und 3. Ostertag (Osterdienstag).
Die Zeit zwischen den Sonntagen Septuagesima und Quadragesima spiegelt mit diesen Bezeichnungen die gesamte Zeitspanne zwischen Gründonnerstag und Quasimodogeniti und richtet so den Blick auf das Triduum Sacrum, das Triduum Paschale und die Osteroktav.
Anmerkungen:
1 Erstmals nach dem Samstag vor Septuagesimae wurde in der alten Kirche am Karsamstag ein einfaches und am Ostersonntag ein zweifaches Halleluja gesungen. Das dreifache Halleluja ertönte erst wieder am Sonntag Quasimodogeniti, der in Urkunden auch als Sonntag »alleluja, alleuja, alleluja« bezeichnet wurde.
2 Zur Zählung der Fastentage in der Fastenzeit: Vom Sonntag Quadragesimae (Invokavit), dem ersten Sonntag in der Fastenzeit, bis Karsamstag sind es 42 Tage, nicht vierzig. Da aber an den Sonntagen selbst nicht gefastet wurde, sind sechs fastenfreie Tage abzuziehen. Das ergibt in dieser Zeit 36 Fastentage. Um auf die biblisch begründete Zahl 40 zu kommen, wurden die vier Tage vor Invokavit ab Aschermittwoch zur Fastenzeit dazugenommen. Die vierzigtägige Fastenzeit beginnt am Aschermittwoch, und sie endet am Karsamstag, wobei die sechs Sonntage von Invokavit bis Palmarum keine Fastentage sind.
Quellen (u. a.): 1) Grotefend, Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit. 2) Jacobus de Voragine, Legenda Aurea
überwiegend gültig in den Jahren 1530/1531 bis 1897/1898
( nach dem Evangeliumstext Lk 18,31-43 )
Lesung | Predigttext | Text |
---|---|---|
Evangelium | im Hauptgottesdienst | Lk 18,31-43 |
Epistel | im zweiten Gottesdienst | 1Kor 13,1-13 |
Erläuterungen zu den Perikopen
Mit der Reformation änderte sich die Bedeutung der Lesungen und der Predigt im Gottesdienst grundlegend. Gab es vorher keine oder nur eine sehr lose Bindung der Perikopen an die Messe, so war für Luther nun regelmäßig die Evangelienperikope Grundlage der Predigt im sonntäglichen Hauptgottesdienst (vormittags), an diesem Tag also Lk 18,31-43.
Im Fokus der Predigt stand jetzt als Teil der Verkündigung die Auslegung des Evangeliums.
Die Epistelperikope war als Predigttext empfohlen für den Gebrauch im Gottesdienst am Nachmittag bzw. Abend (siehe dazu auch Luthers Schrift Von der Ordnung des Gottesdienstes in der Gemeinde, 1523, Über den Sonntagsgottesdienst).
Die Reihe der Epistelperikopen enthielt (anders als heute) auch Texte aus dem Alten Testament. Es gab keine spezielle Reihe für Lesungen aus dem Alten Testament.
Doch die Pfarrer und Prediger waren zunächst nicht nur frei darin, einen biblischen Text für die Predigt zu wählen, sondern geradezu aufgefordert, die Predigt an den Bedürfnissen der Gemeinde und an der geübten Praxis auszurichten.
In den meisten Kirchen wurden nahezu täglich Gottesdienste geboten (die in unseren Kalendern z. Z. nicht abgebildet sind). An Sonn- und Feiertagen konnten gleich mehrere Gottesdienste und Messen stattfinden. Hier entwickelten sich Leseempfehlungen für jeden Wochentag, in Summe also für jeden Tag des Kirchenjahres.
Von Bedeutung war auch die protestantische Ausrichtung der Gebietskirche: lutherisch, reformiert (calvinistisch) und uniert. Unterschiede zeigten sich in der Liturgie und damit im Verständnis der Predigt als Teil der Verkündigung.
Luthers allgemeinen Empfehlungen in seinen Schriften folgten etwa ab 1560 vereinzelt Ansätze, eine gewisse verbindliche Textordnung für Pfarrer und Gemeinden zu gestalten. Dies geschah jedoch zaghaft und zögerlich angesichts der bestehenden Meinungsvielfalt und angesichts der Lage der Entscheidungshoheit, die nicht in der Kirche, sondern beim Landesfürsten angesiedelt war. Zunächst gab es auch keinen hinreichenden Bedarf für neue Regelungen: Gottesdienst war selbstverständlich und die Bevölkerung nahm rege teil. Doch spätestens im Zeitalter der Aufklärung, als ein deutlicher Rückgang christlichen Engagements in der Bevölkerung zu erkennen war, die Zahl der Gottesdienstbesucher stetig abnahm und etliche unterwöchige Gottesdienste und Messen gestrichen wurden, trat die Notwendigkeit deutlich hervor, das Gottesdienstverständnis und die Gottesdienste des Kirchenjahres zu überdenken.
Dies führte vielfach schon früh und speziell im 19. Jahrhundert zu zahlreichen unterschiedlichen Durchführungen, Vorschlägen und Erprobungen, bis sich 1896 die Eisenacher Konferenz als reichsweite Konferenz der deutschen Landeskirchen mit der Idee einer allgemein gültigen Textordnung beschäftigte und schließlich eine Perikopenordnung beschloss, die ab 1898/1899 allen evangelischen Landeskirchen zur Umsetzung empfohlen wurde.
Es ist derzeit an dieser Stelle nicht möglich, für die Jahre 1530/1531 bis 1898/1899 Textordnungen darzustellen, die über die altkirchlichen Perikopen für die Lesungen und Predigten hinaus gehen. Wir sind uns dabei bewusst, dass diese Perikopen regional und zeitlich begrenzt keine Bedeutung hatten.
Quinquagesimä
Gültig in den Kirchenjahren bis 1897/1898
Die Leittexte aus den Evangelien und den Episteln
nach altkirchlicher Perikopenordnung
Text nach der Lutherbibel von 1545 gesetzt nach der Vorlage des Originals in Frakturschrift mit Luthers Scholion in den Marginalspalten.
Ergänzt um Verszählung und Abschnittsüberschriften.
LESUNG UND PREDIGTTEXT
Evangelium
Evangelium nach Lukas
Lk 10,38-42
REIHE
EV
Euangelium
S. Lucas.
C. X.
Verse 38 - 42
ES begab ſich aber / da Jheſus vnd die Jünger wandelten / gieng Jheſus in einen Marckt / da war ein Weib / mit namen Martha / die nam jn auff in jr Haus / 39Vnd ſie hatte eine Schweſter / die hies Maria / die ſatzte ſich zu Jheſus füſſen / vnd höret ſeiner Rede zu. 40Martha aber machet jr viel zu ſchaffen jm zu dienen / Vnd ſie trat hin zu / vnd ſprach / HErr / frageſtu nicht darnach / das mich meine Schweſter leſſt alleine dienen? Sage jr doch / das ſie es auch angreiffe. 41Jheſus aber antwortet / vnd ſprach zu jr / Martha / Martha / du haſt viel ſorge vnd mühe. 42Eines aber iſt not. Maria hat das gute Teil erwelet / das ſol nicht von ir genomen werden.
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LESUNG UND ZWEITER PREDIGTTEXT
Epistel
Erster Brief des Paulus an die Gemeinde in Korinth
1Kor 13,1-13
REIHE
EP
Die Erſte Epiſtel
S. Páuli:
An die Córinther.
C. XIII.
Verse 1 - 13
Paulus schreibt:
WEnn ich mit Menſchen vnd mit Engel zungen redet / vnd hette der Liebe nicht / So were ich ein donend Ertz oder eine klingende Schelle. 2Vnd wenn ich weiſſagen kündte / vnd wüſte alle Geheimnis / vnd alle Erkentnis / vnd hette a allen Glauben / alſo / das ich Berge verſetzte / vnd hette der Liebe nicht / So were ich nichts. 3Vnd wenn ich alle meine Habe den Armen gebe / vnd lieſſe meinen Leib brennen / vnd hette der Liebe nicht / So were mirs nichts nütze.
a
(Allen glauben)
Wiewol allein der Glaube gerecht machet / als S. Paulus allenthalben treibet / Doch wo die Liebe nicht folget / were der glaube gewislich nicht recht / ob er gleich Wunder thete.
4DIe Liebe iſt langmütig vnd freundlich / die liebe eiuert nicht / die liebe treibt nicht mutwillen / ſie blehet ſich nicht / 5ſie ſtellet nicht b vngeberdig / ſie ſüchet nicht das jre / ſie leſſet ſich nicht erbittern / ſie tracht nicht nach ſchaden / 6ſie frewet ſich nicht der vngerechtigkeit / ſie frewet ſich aber der warheit / 7Sie vertreget alles / ſie gleubet alles / ſie hoffet alles / ſie duldet alles. 8Die Liebe wird c nicht müde / Es müſſen auffhören die Weiſſagungen / vnd auffhören die Sprachen / vnd das Erkentnis wird auch auffhören.
b
(Vngeberdig)
Wie die zornigen ſtörrigen / vngedültigen Köpffe thun.
c
(Nicht müde)
Das iſt / Sie leſſt nicht abe guts zu thun / man thue jr lieb oder leid / Sondern helt feſt an mit wolthun / vnd wird nicht anders.
9DEnn vnſer wiſſen iſt d ſtückwerck / vnd vnſer Weiſſagen iſt ſtückwerck. 10Wenn aber komen wird das volkomen / ſo wird das ſtückwerck auffhören. 11Da ich ein Kind war / da redet ich wie ein kind / vnd war klug wie ein kind / vnd hatte kindiſche anſchlege. Da ich aber ein Man ward / that ich abe was kindiſch war. 12Wir ſehen jtzt durch einen Spiegel in einem tunckeln wort / Denn aber von angeſicht zu angeſichte. Jtzt erkenne ichs ſtücksweiſe / Denn aber werde ich erkennen gleich wie ich erkennet bin. 13Nu aber bleibt Glaube / Hoffnung / Liebe / dieſe drey / Aber die Liebe iſt e die gröſſeſt vnter jnen.
d
(Stückwerck)
Wiewol wir im glauben alles haben / vnd erkennen was Gott iſt / vnd vns gibt / So iſt doch daſſelbige erkennen noch ſtückwerck / vnd vnuolkomen gegen der zukünfftigen klarheit.
e
(Die gröſſeſt)
Liebe macht nicht gerecht / ſondern der glaube / Ro. j. Weil aber glaube vnd hoffnung gegen Gott handeln vnd nur gutes empfahen / dazu auffhören müſſen / Die Liebe aber gegen dem Neheſten handelt / vnd nur gutes thut / da zu ewig bleibet / iſt ſie gröſſer / das iſt weiter / thettiger vnd warhafftiger.
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»Frewet euch mit den Frölichen /
vnd weinet mit den Weinenden.
Habt mit allen Menſchen Friede.«
Der Rückblick auf die Perikopenordnungen vergangener Jahrhunderte zeigt auf, wie sich die Verwendung der biblischen Texte in evangelischen Gottesdiensten im Laufe der Zeit veränderte.
Wir beschränken uns in den weit zurückliegenden Jahren auf Perikopenordnungen, die überwiegend in Gebrauch waren.
Durch die neue Ordnung für die Verwendung von Sprüchen, Psalmen, Bibeltexten und Liedern in Gottesdiensten sind die alten Ordnungen zwar liturgisch überholt, aber inhaltlich deswegen keineswegs falsch.
Wir möchten Sie daher ermuntern, die in alter Zeit verwendeten Perikopen zu betrachten. Nur so können Sie ergründen, ob das, worauf sich Pfarrer vor Hunderten von Jahren in Gottesdienst und Predigt stützten, auch noch heute aktuell ist. Aktuell für Sie ganz persönlich.
Der Text aus der Lutherbibel ist auf unseren Seiten in Anlehnung an das Druckbild des Originals von 1545 wiedergegeben.
Den Seitenaufbau, die verwendeten Schriften, die Schreibregeln der Frakturschrift und Luthers Intentionen, mit der Typografie Lesehilfen bereitzustellen, erläutert dem interessierten Leser unser Artikel »Satz und Typografie der Lutherbibel von 1545«.
Die beweglichen Feiertage im Jahreslauf hängen ab vom Osterdatum. Der Artikel erläutert, wie sich das Osterdatum berechnet und nennt die aktuellen Daten der Feiertage.