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Muss man nicht lesen, kann man aber!

6. August, 8:16 Uhr: Atombombe explodiert über Großstadt

6. August 2012

E s sollte nicht in Vergessenheit geraten. Es gehört ohne Zweifel in jede Diskussion um Krieg, kriegerische Auseinandersetzung, Gewalt und Brutalität.

Es gibt in der Geschichte viele Beispiele für extrem überhöhte Gewalt und Gewaltbereitschaft. Der Atombombenabwurf auf die japanische Stadt Hiroshima ist nur eines. Dafür ist das ein sehr anschauliches Beispiel, dem sich die öffentliche Aufmerksamkeit nicht entziehen konnte und nach wie vor nicht entziehen kann.

Die Öffentlichkeit verschließt längst die Augen gegen übersteigerte Gewaltbereitschaft im Kleinen, wo ähnlich wie in Hiroshima unbeteiligte Menschen zu Opfern werden. Es müssen nicht Tausende sein, ein Opfer genügt. Es muss kein Sterben sein, ein Schmerz genügt, eine bleibende Behinderung ist eine Katastrophe! Viele Opfer und ihre Angehörigen müssen die Folgen zeitlebens tragen. Ihr Leben verändert sich. Oft grundlegend und nachhaltig. Weil sie zur falschen Zeit am falschen Platz waren und von der plötzlichen Wucht gewaltbereiter Menschen ohne Chance, zu entkommen, vom Mitmenschen zum Opfer degradiert wurden.

Nehmen wir das als Ausdruck einer sich ändernden Gesellschaft nur einfach stillschweigend in Kauf und zur Kenntnis? Oder ist das Schweigen und Dulden Ausdruck einer Ohnmächtigkeit gegenüber Wertesystemen, die Gewaltbereitschaft in weiten Bereichen unseres Miteinander gutheißen und fördern? Ist darin persönliches Versagen, Überforderung, Machtlosigkeit, Hilflosigkeit oder Desinteresse zu sehen? Vielleicht. Es wird sicher unterschiedliche Gründe geben. Wer weiß das schon?

W ir meinen: Es darf nicht weggesehen werden, wenn Gewalt stattfindet. Es darf nicht geschwiegen werden, wenn Gewalt verharmlost wird. Es darf nicht geduldet werden, dass sich Gewalt als respektiertes Handeln ausbreitet und ihr Tür und Tor geöffnet werden.

Wir widmen deshalb diesen Platz hier gerne dem Gedenken an die Opfer des Atombombenabwurfs über der japanischen Stadt Hiroshima!

Wir zielen damit auf alle, die mit uns gemeinsam gegen Gewalt sind. Nicht nur im Großen, auch im Kleinen, in unserem kleinen persönlichen Lebensraum, den wir uns so gerne friedlich und gewaltfrei wünschen.

Dazu gehört selbstverständlich unser Lebensraum »Internet«. Auch hier gilt es, nicht wegzusehen und nicht zu schweigen. Die öffentliche Zurschaustellung und Verbreitung von Gewalt, die Befürwortung von Gewaltbereitschaft und der unrefelektierte Konsum gewaltverherrlichender Medien führen zu eklatanten Veränderungen bei Konsumenten und damit in unserer Gesellschaft. Es senkt beim Individuum die Hemmschwelle zur Gewaltbereitschaft, es hebt die emotionale Reizschwelle, die nur noch mit deutlich stärkeren Reizen befriedigt werden kann. Es verdreht die Realitäten und misst der Fähigkeit zur Gewalt wider alle Vernunft eine Bedeutung zu, die ihr gesellschaftlich nicht zukommt.

Wir können Besucher von Webseiten, insbesondere aber die Webseitenbetreiber nur bitten, auf gewaltverherrlichende Inhalte zu achten und sie zu ächten.


Atompilz der Atombombe »Little Boy« über Hiroshima und die zerstörte Stadt, in der von 76.000 Häusern 70.000 praktisch pulverisiert wurden - inklusive allem, was da Leben in sich trug.

Abbildung: Atompilz der Atombombe »Little Boy« über Hiroshima (rechts) und die zerstörte Stadt, in der von 76.000 Häusern 70.000 praktisch pulverisiert wurden – inklusive allem, was da Leben in sich trug. Diese Aufnahme (links) wurde vom Piloten des Abwurfbombers signiert.
Quelle: Wikipedia.de. (unter Nutzung der dort beschriebenen Lizenzrechte)

6. August 1945, Hiroshima, Japan

Der USAF-B29-Bomber Enola Gay, benannt nach dem Mädchennamen der Mutter des 30-jährigen Bomberpiloten Paul W. Tibbets, löst um 8:15 Uhr und 17 Sekunden Ortszeit die 4 Tonnen schwere Atombombe »Little Boy« in einer Höhe von 9.950 Metern aus.

Um 08:16 Uhr und 2 Sekunden explodiert die Bombe 580 Meter über dem Stadtkern von Hiroshima.

Die Stadt wurde flächendeckend zerstört. Über 90 Prozent der Gebäude wurden durch die Druckwelle geradezu pulverisiert. Die Hitze erreichte noch in 10km Entfernung vom Mittelpunkt der Explosion 6000 Grad Celsius, entzündete wie aus dem Nichts alles Brennbare, verbrannte und kochte alles Leben, was nicht im Schatten der Hitzewelle Zuflucht gefunden hatte.

Man geht von bis 40.000 Menschen aus, die sofort und schlagartig ums Leben gekommen sind. Es dürften angesichts der Zerstörungen weit aus mehr sein. Es gab von vielen keine Überreste und es gab niemanden mehr, der sie vermisste. Mit ihnen wurde das Wissen um ihre Existenz ausgelöscht. Die Stadt war überlaufen. Neben der einheimischen Bevölkerung waren Soldaten sowie koreanische und chinesische Zwangsarbeiter dort stationiert.

In nur wenigen Jahren starben weitere 30.000 bis 40.000 Menschen an den direkten Folgen der erlittenen Verbrennungen und radioaktiven Verstrahlungen. Doch das Sterben hörte immer noch nicht auf. Von der großen Zahl Menschen, die mit schweren Verbrennungen und Verstümmelungen überlebten, von Blinden, Behinderten und Krebskranken ganz zu schweigen. Und von denen, die gar keine Chance bekamen, geboren zu werden.


Menschen zu Opfern machen, das verändert ihr Leben. Oft genug für immer.
Gewaltbereitschaft nimmt dies bedenkenlos in Kauf.
Wer Gewalt anwendet, wer Gewalt respektiert und Gewalt rechtfertigt, macht Mitmenschen zu Opfern. Vorsätzlich und bedenkenlos.

Seit 1947 gedenkt Japan am 6. August um 8:16 Uhr dem schrecklichen Tag mit dem Stillstand jeglicher Aktivitäten im Berufs- und im Privatleben mit einer totalen Schweigeminute unter anhaltendem Glockengeläut.

Wann haben Sie zum letzten Mal ein kleines Glöckchen klingeln lassen und sind ganz bewusst gegen Gewalt und für Frieden eingetreten?

Bimbam …

Sabrina

Kategorien: Gegen Gewalt - für Frieden | Hope for the Future

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Die Todesstrafe als Abschreckung für Gewalttäter?

5. August 2011

Beerfelder Galgen - ©by Lordronin de.wikipedia.org

H eute, beim Frühstück – genauer: beim Zeitungslesen! – wurde ich an eine schwierige Zeit während meines Studiums erinnert. Die Aufgabe bestand damals darin, in einer Seminararbeit das Thema »Todesstrafe« zu behandeln. Ich machte mich voller Enthusiasmus an eine scheinbar leichte Aufgabe, hatte doch die Bundesrepublik Deutschland die Todesstrafe längst abgeschafft. Boten mir nicht die Väter des Grundgesetzes alle Argumente, die ich im Disput, im Für und Wider der Todesstrafe brauchte? – Weit gefehlt!

Genau zu dieser Zeit wurde ein in Deutschland stationierter US-amerikanischer Soldat des Mordes angeklagt, verhaftet und in die U.S.A. überführt. Die deutsche Staatsanwaltschaft erklärte sich nicht für zuständig und verwies mich an die US-amerikanischen Militär- und Staatsbehörden. Ich war plötzlich mit einer Situation konfrontiert, in der die Todesstrafe real existierte. Leider waren meine Möglichkeiten damals sehr begrenzt. Reisen ging gar nicht. Briefe schreiben und eventuell mal telefonieren – ein mühsames Geschäft so ganz ohne Internet, E-Mail und SMS! Fast unvorstellbar.

Die beiden Kernfragen, in denen sich in meiner Arbeit schließlich alles zuspitze, lauteten: Ist die Todesstrafe ein probates Mittel, um präventiv zu wirken, um also Straftaten zu verhindern? Und: Ist die Todesstrafe als Bestrafung für eine Tat überhaupt geeignet und sinnvoll und damit in einem Strafgesetz anwendbar?

Das Problem für mich war: Die Disputanten aus den Lagern der Befürworter und der Gegner konnten sich in diesen beiden Fragestellungen nicht annähern. Die Fronten waren verhärtet. Sie wurden von Meinungen geprägt, die alles aufboten, was irgendwie geeignet schien, Argumente zu untermauern: von der praktischen Seite der Todesstrafe seit Anbeginn der Menschheit bis in die Gegenwart, über theoretische Annahmen, beispielsweise moralischer, soziologischer, gesellschaftlicher, religionswissenschaftlicher und rechtswissenschaftlicher Art, bis hin zu persönlichem Empfinden von Aufklärung, Humanismus, Rache und »Auge und Auge«, usw. Es wurde komplex!

Was mir damals fehlte, war die Chance, Täter zu profilieren und zu befragen, die beispielsweise wegen vorsätzlichen Mordes verurteilt wurden und die Todesstrafe erwarteten. Wie war ihre Sicht der Dinge? Hatte die drohende Todesstrafe ihr Denken vor der Tat beeinflusst? Empfinden sie die Todesstrafe als »Bestrafung« für ihr Vergehen? Was mir fehlte, war die Chance, die Richter und die Henker zu befragen. Was war ihre Sicht der Dinge mit einer geübten Strafpraxis?

Blendet man einmal die ethischen, kulturell und gesellschaftlich abhängigen Aspekte einer geübten Praxis der Todesstrafe aus und schaut nur auf die nüchterne Handlung als solche, dann ist das Fatale an der Todesstrafe, dass sich der Richter mit dem Täter auf eine Stufe begibt. Die Urteilsverkündigung ist in der reinen Sache eine Tötungsabsicht, also gleichwertig mit Mordabsicht. Sehr schwierig!

Nirgends wird das so klar und einfach ausgedrückt, wie im alttestamentlichen Text: »… so sollst du geben Leben für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn …« (Ex 21,23-25). Dieses Bibelzitat wird auch gerne von Befürwortern der Todesstrafe zitiert, manchmal fälschlich mit einem Hinweis auf göttlichen Willen oder christliche Lehre. Dabei geht es vordergründig darum, dem Täter Gleiches mit Gleichem heimzuzahlen, es geht um Rache. Es geht nicht um Abschreckung, nicht um Strafe. Nebenbei: In der christlichen Lehre ist dieser Grundsatz längst überholt (Neues Testament, Joh. 8,7, »Wer unter Euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein«),

Ein Urteil »Im Namen des Volkes« bezieht das Volk mit ein. Noch schwieriger! Der Vollzug steht in dieser Sichtweise auf einer Stufe mit geplantem Mord. Nicht umsonst hatten Henker zu allen Zeiten einen besonderen gesellschaftlichen Stand.

Dies sind Punkte, die jede Diskussion auflösen muss. In der Regel geschieht das durch ein übergeordnetes Rechtssystem. Und da ist der Haken an der Sache: Gerade diese Rechtsfragen stehen ja zur Diskussion und können nicht platt mit »Auge um Auge« nach alttestamentlichem Muster beantwortet werden, erst recht nicht mit Rache. Rache ist kein Aspekt in einem strafrechtlichen System. Und was ist mit Abschreckung?

A ch ja, die Zeitung! Worum ging es eigentlich? Nun, es könnte sein, dass in Kürze britische Abgeordnete dazu gezwungen sind, über die Wiedereinführung der Todesstrafe in England abzustimmen. 1999 wurde die Todesstrafe in England abgeschafft, nun begehren die Bürger auf und fordern die Rückkehr zum »capital punishment« (Todesstrafe). Ich kann es den Bürgern nicht verdenken, wenn sie persönliches Empfinden in den Vordergrund rücken. Den Abgeordneten kann ich allerdings nur empfehlen, sehr gut nachzudenken, um gerüstet zu sein gegen Befürworter, die keine Annäherung im Disput erlauben.

Interessant ist ein Zitat des letzten britschen Henkers, Albert Pierrepoint, der mehr als 400 Menschen hingerichtet haben soll: »Hinrichtungen lösen gar nichts. Sie sind nur ein veraltetes Relikt für einen primitiven Wunsch nach Rache. […] Ich kann nicht sagen, dass die Todesstrafe als Abschreckung für irgendeinen […] gedient hätte.« – Ein hartes Urteil, aber es basiert auf einem umfangreichen Erfahrungsschatz. Die Frage ist nur, ob es den Gegnern der Todesstrafe dienlich sein wird.

Ich bin ganz froh, dass in der Bundesrepublik Deutschland die Todesstrafe per Grundgesetz abgeschafft ist. Aus Überzeugung! Nach tiefgreifenden Studium des Themas und der Sachlagen. Und weil in Deutschland die Urteile »Im Namen des Volkes« verkündet werden. Ich verstehe aber als Bürger des Landes Hessen ganz und gar nicht, dass die Verfassung des Landes Hessen noch immer die Todesstrafe vorsieht (Artikel 21).

Zum Glück steht das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland über der Hessischen Verfassung. Das darf aber kein Grund sein, untätig zu bleiben! Denn das macht die ganze Diskussion im Für und Wider unnötig zäh und schwierig. Die Bayern haben es 1998 geschafft, einen ähnlichen Passus aus ihrer Verfassung loszuwerden. Schaffen wir Hessen das auch? Fragt sich

Sabrina

Kategorien: Politik | Hope for the Future

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Alkohol und Nikotin: Die Killer der Nation

5. Mai 2011

D as neue »Jahrbuch der Sucht« der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen zeigt erschreckende Zahlen. Das Ergebnis: Alkohol und Nikotin sind für einen großen Teil aller Todesfälle verantwortlich. Ohne diese beiden Killer könnten wir vermutlich beruhigt unserem Dahinscheiden an gewöhnlicher Altersschwäche entgegen sehen.

Das mit dem Rauchen ist klar. Rauchen wird sanktioniert und Raucher bekommen täglich die Botschaften mitgeteilt, dass sie einer unliebsamen Sucht frönen, dass Rauchen der Gesundheit schadet und tödlich sein kann. Obwohl – an Nikotinvergiftung sterben nicht viele, oder? Die Todesfälle, die üblicherweise auf Nikotinkonsum zurückgeführt werden, haben vordergründig andere Ursachen. Krebs beispielsweise. Oder Herzinfarkte. Schnell wird dann dem Nikotin die Schuld gegeben. Sicherlich ist es daran irgendwie beteiligt, unklar bleibt allerdings, wie. So kommen andere Faktoren für diese Krankheiten gar nicht erst ins Gespräch. Und die gibt es zuhauf. »Todesursache Nikotin« ist jedenfalls kein Merkmal in der Todesstatistik des Statistischen Bundesamtes in Deutschland.

Ganz anders beim Alkohol. Hier gibt es deutlich weniger Sanktionen. Den Zeitungsberichten zufolge hat jeder fünfte Deutsche zwischen 18 und 64 Jahren ein Alkoholproblem, ist also mehr oder minder abhängig! In der Altersklasse darüber wird es kaum besser aussehen. Wie viele Menschen sind das? Das Statistische Bundesamt schätzt die Gesamtbevölkerung in Deutschland auf knapp 82 Millionen Menschen, in der Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen sind davon etwa 60 Millionen Menschen vertreten. Ein ernst zu nehmendes Alkoholproblem haben laut der Studie 20% ( jeder fünfte Deutsche), also 12 Millionen Menschen! Wow! Dazu kommen noch die Senioren ab 65. Unglaublich! Vergessen dürfen wir nicht die vielen Jugendlichen. Unfassbar!

Beim Alkohol ist es klar: Man kann direkt daran sterben und das ist nicht einmal selten der Fall. Ein Fünftel aller Todesfälle in der Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen gehe auf Alkoholgenuss oder -missbrauch zurück. Es sind nicht nur Leberkrebs, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die ja auch anders begründet oder von anderen Faktoren mitbeeinflusst werden können.

Man kann sich tatsächlich totsaufen! Man kann sich auch besoffen ans Steuer eines Autos setzen und einen Unfall wegen Fahruntüchtigkeit verursachen. Betrunkene Autofahrer reißen sich und andere in den Tod. Die anderen, die, die nicht getrunken hatten, die tot sind oder mit schweren Behinderungen überleben, werden sie eigentlich als Alkoholopfer in der Studie geführt? Und Kinder, die von betrunkenen Eltern geprügelt und misshandelt werden: Werden ihre kaputten Seelen dem Alkohol zugemessen?

Alkoholtrinken ist gesellschaftsfähig. Es ist hoch angesehen. Ja, oft ist Alkoholtrinken Pflicht! Als Teilnehmer eines Geschäftstermins, einer Feier oder einer Party kommt man meist nicht drumherum. Wer nicht trinkt, wer »Nein, danke!« sagt, der erntet Unverständnis, der wird nicht selten zum Spaßverderber degradiert, der schließt sich aus und wird ausgeschlossen. Das wird von früher Jugend an geübt. Und genau darin sehen wir das größte Problem.

Wir meinen: Egal! Schalten Sie Ihr Gehirn ein. Sagen Sie: »Nein, danke!«. Heldenhaft. Wir brauchen Helden des Alltags, die mit gutem Beispiel vorangehen.

Womöglich wird es Zeit, mit der gleichen Konsequenz gegen Alkoholtrinken vorzugehen wie gegen das Rauchen. Das Konzept hat sich beim Rauchen doch bewährt, heißt es. Rauchverbote wurden ausgesprochen, hohe Steuern auf Zigaretten gelegt, Aufdrucke mit Warnhinweisen auf den Zigarettenpackungen angebracht. Okay, trotz alledem rauchen etwa 29% der 18- bis 64-Jährigen. Aber immerhin! Die Gesellschaft beginnt, das Rauchen – und damit die Raucher! – zu ächten, und der Staat verdient an jedem Raucher. Viele Milliarden Euro Steuereinnahmen blasen ihm die Raucher in die Kasse.

Wird dieses Geld eigentlich im Gesundheitswesen investiert? Da gehört es hin, oder? Sozusagen als Risikobeitrag der Raucher in die gesetzlichen Krankenkassen für die Behandlung von Krankheiten, die durch Nikotinkonsum verstärkt werden. Es gab eine Zeit, da diente es der Inneren Sicherheit. Raucher finanzierten den Katastrophenschutz und die Terrorismusbekämpfung. Da waren die Raucher die stillen Helden der Nation.

Das alles geht doch auch mit Alkohol, oder nicht? Stellen Sie sich vor: eine Flasche Schnaps ab 50 Euro aufwärts! Es dürfen auch 60 sein – wir wollen da nicht kleinlich sein. Ein dicker Aufkleber vorne auf dem Etikett, einer hinten: »Alkohol zerstört Ihre Leber!« »Alkohol am Steuer kann Sie und Menschen in Ihrer Umgebung töten!« »Alkohol macht Sie fett und schwammig und lässt Ihre Haut altern!« »Alkohol führt zu Bluthochdruck und Impotenz!« »Alkohol vermindert Ihre Reaktionsfähigkeit und verändert Ihre Persönlichkeit!« Usw.

Es wird nicht passieren. Denn zu den 20% Alkoholikern gesellen sich fast 80%, die Alkohol dulden, in Maßen genießen oder selbst nur noch ein kleines Stück davon entfernt sind, als Alkoholiker in die Statistik zu springen. Sie möchten Alkohol nicht missen. Es macht eben keinen Spaß, mit Selters statt Sekt anzustoßen und sich in einer Kneipe einen Saft hinter die Binde zu kippen.

Nein, wir sind nicht grundsätzlich gegen Alkohol. Aber das Problem beginnt meist in der Kindheit oder in der frühen Jugend. Komasaufen, beispielsweise, ist unter jugendlichen weit verbreitet. Ein Indiz dafür, welchen Stellenwert Alkohol in der Altersgruppe der unter 18-Jährigen hat! Hohe Preise für alkoholische Getränke könnten hier womöglich präventiv wirken. Aber solange in der Gastronomie alkoholfreie Getränke teurer angeboten werden als alkoholhaltige, solange sind wir auf dem falschen Weg und solange fördern wir plakativ Alkoholmissbrauch.

Erziehen wir unsere Kinder zu Alkoholikern? Reden ist eins, Handeln etwas anderes. Ich werde mal drüber nachdenken.

Sabrina

Kategorien: Politik | Gesundheit

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Todeszone ist seit gestern Sperrgebiet

21. April 2011

E s hat ein Weilchen gedauert. Warum, ist mir unklar. Nun hat die japanische Regierung einen Umkreis von 20 Kilometer um das havarierte Atomkraftwerk Fukushima zum Sperrgebiet erklärt. Für über 80.000 Menschen ist damit die Rückkehr in ihre Häuser, Wohnungen und Geschäfte unmöglich. Sie können nicht mehr auf ihr Eigentum zugreifen. Viele Bewohner dieser Zone hatten in den letzten Tagen versucht, persönliche Habseligkeiten zu bergen und in ihr Exil zu retten. Darauf stehen nun hohe Strafen.

Die Situation entwickelt sich wie einst in Tschernobyl. Ach! Wer hätte das gedacht?! Die ukrainische Stadt Prypjat nahe dem Atomkraftwerk wurde vor 25 Jahren evakuiert. Sie ist bis heute eine Geisterstadt. Sie wird es noch für Jahrhunderte bleiben. Die gesamte Stadt ist im Prinzip ein riesiges freiliegendes, oberirdisches Lager mit verstrahltem Müll.

Gleichzeitig spricht die japanische Betreiberfirma Tepco davon, dass sie vermutlich bis Ende des Jahres die Situation unter Kontrolle haben werden. Ich unterstelle mal: Sie kennen Tschernobyl. Sie kennen die Auswirkungen großer Atomunfälle. Wieso sie den Menschen Hoffnung auf Rückkehr machen, ist mir nicht klar. Es verzögert die Entscheidung, die betroffenen Menschen endgültig umzusiedeln. Allerdings: Dadurch gewinnen sie Zeit, dadurch sparen sie Geld. Was kostet eine komplette Stadt für 80.000 Menschen, voll möbliert und gut ausgestattet bis hin zu gefüllten Kühlschränken?

Nach Tschernobyl hätte man besser vorbereitet sein können. Ich hoffe, die Atomkraftwerksbetreiber in Deutschland besitzen für den Notfall Evakuierungspläne in ihren Schubladen. Pläne, die nicht nur den Abtransport der Menschen, sondern auch ihre Versorgung und den dauerhaften Verbleib an einem sicheren Ort mit einschließen.

S ind Sie ein potentiell Betroffener? Nehmen Sie eine Landkarte. Markieren Sie die nächstgelegenen Atomkraftwerke. Malen Sie vier Kreise mit den Radien 10km, 20km, 30km und 200km um die Kraftwerke. Falls Sie innerhalb eines dieser Kreise wohnen, können Sie sehr stark bis deutlich betroffen sein, wenn es zu einem Atomunfall in diesen Kraftwerksanlagen kommt.

Bei einem GAU (größter anzunehmender Unfall) ist der innerste Kreis die Todeszone. Hier werden mit großer Wahrscheinlichkeit die Bewohner sofort sterben oder so stark verstrahlt werden, dass ihre Lebenserwartung auf Stunden bis Tage schrumpft.

Je nach schwere des Unfalls werden die Bewohner innerhalb des zweiten oder dritten Kreises zu evakuieren sein. Sorgen sie dafür, dass ihr Kreditkartenkonto und andere Bankkonten gut gefüllt sind. Sie werden nur noch besitzen, was sich nicht in der Evakuierungszone befindet. Sorgen Sie dafür, dass wichtige Dokumente griffbereit abgelegt sind oder deponieren Sie Kopien auf einem sicheren Server im Internet. Evakuierte können bestenfalls leichtes Handgepäck und die Kleidung am Leib mitnehmen, alles andere wird innerhalb kurzer Zeit atomverstrahlter Müll werden.

Die Lebensbedingungen werden für alle schwer, aber auch die Wirtschaft wird erschüttert. Beispiel Biblis: Der Frankfurter Flughafen liegt nur etwas mehr als 30km Luftlinie von Biblis entfernt. Wird er bei einem Atomunfall in Betrieb bleiben? Eher nicht. Frankfurt ist eine wichtige Metropole. Ein GAU in Biblis könnte die Bedeutung des Finanzzentrums Frankfurt radikal ändern. Das gesamte Rhein-Main-Gebiet südlich des Flughafens könnte Evakuierungszone werden. Bis hinunter nach Speyer. Dazwischen: Mainz, Rüsselsheim, Darmstadt, Oppenheim, Alzey, Worms, Heidelberg, Mannheim, Ludwigshafen. Sehr viele kleine, mittlere und größere Betriebe würden aufhören, zu existieren. Usw. Es wären weit mehr als 80.000 Menschen betroffen. – Aber was schreibe ich hier? Ist doch alles bekannt. Es wird immer erwähnt und dann mit dem Begriff »Restrisiko« zusammengefasst. Das jedenfalls gehört dazu, zu diesem Restrisiko.

Innerhalb des vierten Kreises (ca. 200km) ist die Strahlung immer noch so hoch, dass mit gesundheitlichen Schädigungen zu rechnen ist. Wetterlagen verformen diese Zone extrem. Auch dann, wenn Sie nicht evakuiert werden: Verlassen Sie die Gegend nach einem Atomunfall sofort.

Nach den Erfahrungen mit Tschernobyl und Fukushima stellt sich die Frage, ob nicht wenigstens die Todeszonen präventiv sukzessive zu räumen wären. Ob nicht die größere Umgebung von Kernkraftwerken aus Sicherheitsgründen Sperrgebiete werden. Beispielsweise mit Hilfe von Baustopps in diesen Gebieten. Beispielsweise mit Aufklärung und der Förderung eines Umzugs der Bewohner. Beispielsweise durch Beschränkung von Gewerbe, usw. Aber wer soll das alles bezahlen?

Na, wer schon!?

Sabrina

Kategorien: Politik | Atomkraft

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Teures Tschernobyl

20. April 2011

D ie schlechten Nachrichten reißen nicht ab: Schlecht ist, dass (wie schon an anderer Stelle angemerkt!) der Sarkophag, der den zerstörten Kraftwerksblock in Tschernobyl umkleidet, zerfällt. Schlecht ist, dass dort hohe Strahlung austritt. Schlecht ist, dass wieder Menschen in der Gefahrenzone sind, um die nötigsten Reparaturen zu veranlassen und um einen neuen Sarkophag zu bauen. Schlecht ist, dass der neue Sarkophag sofort gebaut werden muss und mindestens 1,6 Milliarden Euro kosten wird. Ich behaupte mal, es werden locker 2,5 Milliarden Euro werden. Die lange Bauzeit bis zum Jahr 2015 lässt das vermuten. Im Jahre 2007 ging man noch von ca. einer Milliarde aus. Schlecht ist, dass die Verantwortlichen das gar nicht bezahlen können!

Exkurs: Youtube-Video Errichtung des geplanten New Safe Confinements


Deshalb hatte die Ukraine zu einer Geldgeber-Konferenz am gestrigen Tag eingeladen. Sie bat und bittet um Spenden. Anders ist das nicht zu schaffen. Doch das Ergebnis der Konferenz ist ein erschütterndes Trauerspiel: Jedem ist völlig klar, was Atomverseuchung bedeutet. Alle wissen, dass sofort zu handeln ist. Zusammengekommen sind jedoch nur 550 Millionen Euro.

Immerhin, auch wenn es so nicht in der Zeitung steht: Ich bin dabei! Mit Pi-Mal-Daumen gut einem Euro unterstütze ich als Steuerzahler der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union dieses Projekt. Vermutlich mit deutlich mehr! Wie jeder andere deutsche Steuerzahler auch. Denn wieder einmal beteiligen sich Staaten in großer Höhe, also die Steuerzahler. Wieder ein Euro, der nicht auf meiner Stromrechnung steht, aber dem Atomstrom anzulasten ist. Ich weiß noch nicht wer, aber irgendjemand könnte dafür mal »Danke!« sagen, oder?

Ein Trauerspiel ist es m. E. vor allem für die Atomindustrie. Erzählt sie uns nicht unentwegt, sie habe alles im Griff? Erklärt sie nicht immer wieder, sie kenne das Restrisiko und sie stehe zu ihrer Verantwortung?

Ich bin für Solidargemeinschaften. Die Geldgeber-Konferenz wäre eine gute Chance für die Atomindustrie gewesen, ihren Behauptungen ein dickes Fundament mit Signal-Wirkung zu verpassen und im Schulterschluss einer solidarischen Verantwortung Ausdruck zu geben. Den Tschernobyl-Strom haben nicht nur die Ukrainer genutzt und nicht nur sie haben damit finanzielle Vorteile erwirtschaft, solange noch alles gut war. Chance vertan!

Es hätten viele Milliarden zusammenkommen können ohne den erniedrigenden Bittgang der ukrainischen Regierung. Der Atomindustrie geht es nicht schlecht. Tschernobyl ist ein europäisches und ein weltweites Problem.

Und da sollen wir glauben, dass im Fall des Falles hier in Deutschland die Atomindustrie für Folgeschäden und Kosten aufkommen wird? Bitte! Kommen Sie nun nicht mit dem Hinweisen, das war ja auch die Sowjetunion, das ist die Ukraine. Andere Länder, andere Sitten, usw. So einfach ist das nicht! Es gibt unserer Meinung nach keinerlei verlässliche Anzeichen dafür, dass die Aufarbeitung solcher Folgen in Deutschland anders ablaufen würde.

Mein Vorschlag: Es könnte eine »Welt-Atomkraft-Rück« eingerichtet werden. Eine Zentralbank, deren Einlagen dazu bestimmt sind, Atomunfälle zu decken. Von Sachkosten bis hin zu Renten und medizinischen Versorgungsleistungen für Betroffene. Man müsste auch keine Geldgeber-Konferenz einberufen, denn sie stehen fest, die Geldgeber: Staaten und Energieversorger, die Atomkraft nutzen. Egal, ob zur privaten, öffentlichen oder militärischen Nutzung, zur Energiegewinnung, zu Forschungszwecken oder in Waffen. Denn die Gefahren, die beispielsweise von atombetriebenen Flugzeugträgern oder U-Booten ausgehen, sind nicht geringer, als die von Atombomben oder von veralteten Atomkraftwerken. Tschernobyl und Fukushima hätten davon bereits profitieren können.

Das wäre schon allein deshalb wichtig, um Weltmärkten Sicherheit zu geben, um Turbulenzen an Börsen und an Finanzmärkten abzufedern. Was Fukushima für den japanischen Haushalt und seine Verschuldung bedeuten wird, kann heute noch gar nicht ermessen werden. Die Ukraine hat ihr Desaster: Tschernobyl. Und den Ukrainern wird klar, dass sie daran noch lange zu knabbern haben werden.

Wieder 1,6 Milliarden Euro an Subventionen für den Atomstrom. Geld, das nun nicht in erneuerbare Energien investiert werden kann. Wieder ein Grund mehr, eine Erhöhung der Strompreise zu fordern. In Ordnung. Von mir aus. Aber bitte sagen Sie nicht, Atomstrom ist billig. Das, was auf einer Rechnung steht, ist längst nicht das, was wir wirklich dafür bezahlen müssen.

Sabrina

Kategorien: Politik | Atomkraft

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