Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
Eine Bildbesprechung
Dem Buch des Propheten Jona ist im ersten Kapitel ein Bild vorangestellt, das mehrere Szenen zeigt. Der Druckstock ist als Holzschnitt erstellt worden, der die Maße ca. 15 x 11 cm besitzt.
Wir zeigen hier eine aufbereitete Reproduktion des Bildes, das in der Lutherbibel von 1545 unkoloriert abgedruckt wurde.
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Abbildung: »Die Geschichte von Jona«
Titelbild zum Buch des Propheten Jona in der Lutherbibel von 1545.
Das Bild zeigt mehrere Szenen aus dem gesamten Buch Jona gleichzeitig, die ausgehend vom Mittelpunkt in einer rechtsdrehenden Spirale angeordnet sind:
1. Jonas Berufung und seine Flucht auf ein Schiff
2. Das Schiff gerät in Seenot
3. Die Besatzung wirft Ladung über Bord (3a), die nun in den Wellen treibt (3b)
4. Jona schläft während des Sturms
5. Jona wird über Bord geworfen
6. Ein großer Fisch verschluckt Jona
7. Der Fisch spuckt Jona aus
8. Jona erhält erneut den Auftrag, in Ninive zu predigen
9. Jona vor Ninive
10. Jona fand unter einer Kürbispflnaze Schutz vor der Hitze des Tages
11. Die brennt heiß und lässt die Pflanze verdorren
12. Gott erklärt Jona seine barmherzige Entscheidung zum Wohle Ninives
Abbildung: Die Szenen im Bild
Bild zum Buch des Propheten Jona, Kapitel 1, in der Lutherbibel von 1545.
In der Mitte des Bildes ist in einem Busch Gott zu sehen. Die Kennzeichen sind eindeutig: Über der Person Gottes hat der Künstler einen Nimbus gezeichnet, und Gott ist von einer Wolke umgeben, die seinen Unterleib verhüllt.
Gott beauftragt Jona, nach Ninive zu gehen, um den Bewohnern dieser Stadt ihre Bosheit vor Augen zu halten.
Doch Jona wendet sich ab und läuft zum Hafen. Dort findet er ein Handelsschiff, das ihn gegen Bezahlung als Passagier mitnimmt.
Ein Sturm kommt auf. Das Segel bläht sich. Das Schiff droht, im tosenden Meer zu kentern.
Die Matrosen werfen die Ladung über Bord, um das schwer beladene Schiff leichter zu machen, und um so ihr Leben zu retten. Die Ladung treibt auf den Wellen
Jona liegt zu dieser Zeit im Schiff und schläft. Der Kapitän weckt ihn und fordert ihn auf, seinen Gott anzurufen, um für das Überleben der Mannschaft zu bitten.
Die Mannschaft sucht einen Grund, warum dieses Unwetter sie so hart trifft. Das Los entschied und traf Jona. Er wird auffordert zu erklären wer er sei und ob es an ihm liegen könne. Jona antwortet wahrheitsgemäß und bittet die Besatzung, ihn über Bord zu werfen, damit der Sturm nachließe (Jona 1,7-14)
Die Matrosen zögern, versuchen Land anzusteuern, doch dann folgen sie Jonas Bitte und werfen Jona in die stürmische See.
Der große Fisch, den Gott geschickt hatte, wartet schon und reißt sein Maul weit auf, um Jona zu verschlucken, bevor er untergeht.
Nach drei Tagen im Bauch des Fisches, in denen Jona seine Lage überdenken konnte, versprach er endlich, seine Gelübde Gott gegenüber zu erfüllen (Jona 2,2-10).
Der große Fisch spuckt Jona vor der Küste wieder aus. Jona bleibt unverletzt und erreicht das Land.
Gott, erkennbar am Nimbus und an der ihn umhüllenden Wolke, redet erneut mit Jona, der nun endlich nach Ninive gehen soll.
Die riesige Stadt Ninive liegt vor Jona. Er begibt sich in Stadt und predigt dort. Eine Menschenmenge hat sich versammelt Die Menschen stehen offensichtlich um einen Mittelpunkt auf dem Platz herum. Wir dürfen davon ausgehen, dass eine Person in der Mitte der Menge Jona ist, der seine Predigt hält.
Die Kürbispflanze ist schnell herangewachsen und spendete hinreichend Schatten für Jona. Doch sie verdorrte unter der heißen Sonne. Die Blätter hängen welk und Jona ist den Strahlen der stechenden Sonne schutzlos ausgeliefert. Seine Körperhaltung verrät seinen Unmut darüber.
Wieder erscheint Gott, diesmal in einer Wolke am Himmel. Er wendet sich Jona zu und erklärt ihm, warum er Ninive nun doch verschont hat, obwohl Jona den Untergang Ninives weissagen sollte.
Der Nimbus, der »Heiligenschein«, ist seit der Antike ein Symbol in der Kunst und seit der frühen Ikonographie auch in christlich motivierten Abbildungen zu finden. Als Ring oder Strahlenkranz umgibt er den Kopf einer Person oder schwebt in geringem Abstand darüber.
Der Nimbus ist in der christlichen Religion den Abbildungen von Jesus Christus, von Päpsten, von Engeln und von Heiligen vorbehalten.
In diesem Bild erscheint der Nimbus ausschließlich über der Person Gottes.
Gott ist zudem immer in eine Wolke gehüllt, unabhängig davon, wo er auftritt.
Sinn der Titelbilder in den Büchern der Propheten war es, den jeweiligen Autor kurz vorzustellen, ohne ein einziges Wort dem gedruckten Text hinzufügen zu müssen. Dabei sind die Bilder hochgradig verdichtete Informationsträger und keineswegs nur schmückendes Beiwerk.
Die Bilder zeigen meist mehrere Szenen aus einem Buch gleichzeitig und führen den Leser visuell in Stoff des Buches ein.
Die Künstler, die diese Bilder entworfen hatten, waren Meister der Mediengestaltung. Sie nutzten kleinste Flächen, um ganze Geschichten zu erzählen. Sie schnitten mit einem Stecheisen aus einem kleinen Holzblock derart genau, dass die vielen Details auf dem Zielmedium im Druck trotz dicker Druckerschwärze und faseriger Papiere erkennbar blieben!
Verstand man es, diese Bilder »zu lesen«, konnten daraus wieder die Geschichten entwickelt und nacherzählt werden. Dies war vor allem für jene Betrachter wichtig, die des Lesens unkundig waren oder Hilfen benötigten, um die durchaus schwierigen Texte der Bibel zu verstehen. Die Bilder waren ein wichtiger Anreiz dafür, die Texte zu lesen oder Lesen zu lernen, und trugen so erheblich zur Bildung ganzer Bevölkerungsgruppen bei.
Luther erklärt die Bedeutung des Alten Testaments und der Gesetze Mose. Diese Schriften seien für Christen sehr nützlich zu lesen, nicht zuletzt deshalb, weil Jesus, Petrus und Paulus mehrfach daraus zitieren.
Luther widmet den Prophetenbüchern eine umfangreiche Vorrede. Diese Bücher seien reich an Predigten und Beispielen für christliches Leben, und sie weissagen die Ankunft Christi.