Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
Der Text in zwölf Kapiteln
Nr. | Textstelle | Abschnitt | Link zum Text |
Kapitel IX. | ||
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6,12 - 9,6 |
III. LEBEN IN WEISHEIT
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1 | 9,1-3 | |
2 | 9,4-6 | |
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9,7 - 12,7 |
IV. DIE ENDLICKEIT DES MENSCHEN
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3 | 9,7-10 | |
4 | 9,11-12 | |
5 | 9,11 - 10,4 | Die Weisheit eines einzelnen ist besser als die Stärke und Kriegsbereitschaft vieler |
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Kapiteleinteilung nach der Ausgabe von 1545,
Angabe der Textstelle nach heutiger Zählweise.
[346a]
DEnn ich habe ſolchs alles zu hertzen genomen / zu forſchen das alles / Das Gerechte vnd Weiſen ſind / vnd jr Vnterthan in Gottes hand / Doch kennet kein Menſch weder die liebe noch den haſs jrgend eines / den er fur ſich hat.
2ES begegenet einem wie dem andern / Dem Gerechten wie dem Gottloſen / Dem guten vnd reinen wie dem Vnreinen / Dem der opffert / wie dem der nicht opffert. Wie es dem Guten gehet / ſo gehets auch dem Sünder. Wie es dem Meineidigen gehet / ſo gehets auch dem der den Eid fürchtet.
[346a | 346b]
Der Prediger C. IX.
3Das iſt ein böſe ding vnter allem das vnter der Sonnen geſchicht / das einem gehet wie dem andern / Da her auch das hertz der Menſchen vol arges wird / vnd Torheit iſt in jrem hertzen die weil ſie leben / Darnach müſſen ſie ſterben.
Iſa. 64.
4DEnn bey allen Lebendigen iſt das man wündſcht / nemlich hoffnung (denn ein lebendiger Hund iſt beſſer / weder ein todter Lewe) 5Denn die Lebendigen wiſſen / das ſie ſterben werden / Die Todten aber wiſſen nichts / ſie verdienen auch nichts mehr / Denn jr gedechtnis iſt vergeſſen / 6das man ſie nicht mehr liebet / noch haſſet / noch neidet / Vnd haben kein Teil mehr auff der Welt / in allem / das vnter der Sonnen geſchicht.
(Wiſſen)
Das iſt / Sie mügen gebeſſert werden / vnd fur dem Tod erſchrecken / Die Todten aber fülen nichts.
9,7 - 12,7
SO gehe hin vnd iſs dein Brot mit freuden / trinck deinen wein mit gutem mut / Denn dein werck gefelt Gott. 8Las deine Kleider jmer weis ſein / vnd las deinem heubte Salbe nicht mangeln. 9Brauche des Lebens mit deinem Weibe / das du lieb haſt / ſo lange du das eitel Leben haſt / das dir Gott vnter der Sonnen gegeben hat / ſo lange dein eitel Leben weret. Denn das iſt dein Teil im leben vnd in deiner erbeit / die du thuſt vnter der Sonnen. 10Alles was dir furhanden kompt zu thun / das thu friſch / Denn in der Helle da du hin fereſt / iſt weder werck / kunſt / vernunfft noch weisheit.
ICH wand mich vnd ſahe / wie es vnter der Sonnen zugehet / Das zu lauffen nicht hilfft ſchnell ſein / Zum ſtreit hilfft nicht ſtarck ſein / Zur narung hilfft nicht geſchickt ſein / Zum reichthum hilfft nicht klug ſein / Das einer angenem ſey / hilfft nicht / das er ein ding wol könne / Sondern alles ligt es an der zeit vnd glück. 12Auch weis der Menſch ſeine zeit nicht / Sondern wie die Fiſch gefangen werden mit eim ſchedlichen Hamen / Vnd wie die Vogel mit eim Strick gefangen werden / So werden auch die Menſchen berückt zur böſen zeit / wenn ſie plötzlich vber ſie fellt.
Es heiſſt gerate wol / Noch ſol man drumb nicht ablaſſen / ſondern jmer ſchaffen / vnd Gott das gedeien befelhen.
ICH habe auch dieſe Weisheit geſehen vnter der Sonnen / die mich gros daucht. 14Das eine kleine Stad war / vnd wenig Leut drinnen / Vnd kam ein groſſer König / vnd belegt ſie / vnd bawet groſſe Bollwerg drumb. 15Vnd ward drinnen funden ein armer weiſer Man / der die ſelbe Stad durch ſeine Weisheit kund erretten / Vnd kein Menſch gedacht des ſelben armen Mans. 16Da ſprach ich / Weisheit iſt ja beſſer denn ſtercke / Noch ward des Armen Weisheit veracht / vnd ſeinen worten nicht gehorcht. 17Das macht / Der Weiſen wort gelten mehr bey den Stillen / denn der Herrn ſchreien bey den Narren. 18Denn Weisheit iſt beſſer denn Harniſch / Aber ein einiger Bube verderbet viel guts.
(Bube)
Ein Bube verderbet zu weilen ein gantz Land / mit ſeinem böſen Rat.
10
Beginn des Kapitels 10 nach heutiger Zählweise!
1Alſo verderben die ſchedlichen Fliegen gute Salben. Darumb iſts zu weilen beſſer Torheit / denn Weisheit vnd Ehre / 2Denn des Weiſen hertz iſt zu ſeiner rechten / Aber des Narren hertz iſt zu ſeiner lincken. 3Auch ob der Narr ſelbſt nerriſch iſt in ſeim thun / noch helt er jederman fur Narren. 4Darumb wenn eins Gewaltigen trotz wider deinen willen fort gehet / ſo las dich nicht entrüſten / Denn nachlaſſen ſtillet gros vnglück.
(Stillet)
Verhören vnd laſſen gehen / das ſich ſelbs ſtillet / iſt groſſe kunſt und tugent.
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Kürzel | Bezeichnung in Luthers Biblia 1545 | Moderne Bibel | Kürzel |
Eccl. | Der Prediger Salomo. | Der Prediger Salomo (Kohelet) Das Buch Kohelet Prediger Ecclesiastes | Prd Koh Prd |
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Luther erklärt die Bedeutung des Alten Testaments und der Gesetze Mose. Diese Schriften seien für Christen sehr nützlich zu lesen, nicht zuletzt deshalb, weil Jesus, Petrus und Paulus mehrfach daraus zitieren.